Motorengeräusch als Streitfall: "Klingt nicht nach Rennwagen"

(c) REUTERS (JON NAZCA)
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Der matte Sound der V6-Turbos ist für Bernie Ecclestone ein Graus. Australien-Chef Ron Walker wittert darin gar einen Vertragsbruch.

Melbourne/London. So mancher empfindet Lärm einfach nur als störend, für den Formel-1-Fan aber ist er das Größte. So sieht das zumindest Bernie Ecclestone. „Ich war nicht schockiert über die Geräuschkulisse, sondern ihr Fehlen“, erklärte der Formel-1-Boss nach dem Saisonauftakt in Australien. Seit Monaten wettert der Brite gegen die von den Herstellern und FIA vorangetriebene Turbo-Ära, nun fühlt er sich bestätigt. „Diese Autos klingen einfach nicht wie Rennwagen.“ Mit den neuen V6-Turbos ist das traditionelle Kreischen aus der Saugmotoren-Ära Geschichte, die neuen Motoren sind mit ihren maximal 15.000 statt 18.000 Umdrehungen deutlich leiser.

Mehrere Promoter hätten Ecclestone in den vergangenen Tagen angerufen, um ihren Unmut kundzutun. Auch ein Telefonat mit Ferrari-Chef Luca di Montezemolo habe ihn in seiner Ansicht bestärkt. Der Italiener habe so viele Beschwerde-E-Mails wie noch nie bekommen, in denen moniert wurde, dass es sich nicht mehr um die Formel 1 handle.

Ron Walker, Vorsitzender der Australian Grand Prix Cooperation (AGPC) und Vertrauter des Formel-1-Zampanos, zog sogar juristische Schritte in Betracht. „Das ist ein klarer Vertragsbruch“, wetterte Walker nach dem Rennen in Melbourne gegenüber der Zeitung „The Age“, dass der matte Sound ein Geschäftsrisiko darstellen würde. „Das ist nicht das, wofür wir bezahlt haben.“ Er befürchte, dass durch das Fehlen des charakteristischen Geräuschs zu wenige Zuschauer angelockt werden könnten und damit finanzielle Einbußen drohen. „Wer auf der Haupttribüne saß, konnte die Autos doch kaum kommen hören.“ Die Kritik der Promoter sei ein Grund zur Sorge, erklärte Ecclestone, versuchte aber gleichzeitig die Wogen zu glätten. „Ich denke, dass Ron die Formel-1-Weltmeisterschaft gekauft hat. Und die hat er auch bekommen.“

Moralischer Handlungsbedarf

Allerdings sei die Formel 1 aus Sicht von Ecclestone auch ohne rechtliche Probleme zum Handeln verpflichtet. „Man muss sich das aus moralischer Sicht ansehen. Wer in den Supermarkt geht und Erdbeermarmelade kauft, aber Erdnussbutter bekommt, wird verärgert sein“, bemühte er eine Metapher. „Auch wenn die Erdnussbutter gute Qualität hat.“

Ecclestone selbst versprach Abhilfe und hat bereits die ersten Schritte gesetzt. „Ich habe mit Jean Todt gesprochen und ihm gesagt, dass wir uns anschauen müssen, ob es einen Weg gibt, die Autos wieder wie Rennwagen klingen zu lassen“, sagte der Brite. „Wir können aber nicht das ganze Jahr warten. Dann könnte es zu spät sein.“

Schließlich könne er nicht ausschließen, dass die Veranstalter ihre Verträge nun neu verhandeln würden. Und bei geringeren Einnahmen würden die prozentuell beteiligten Rennställe letztlich ebenfalls zu Leidtragenden. (swi)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2014)

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