Formel 1: Kein deutscher Grand Prix

Ferrari F1 driver Sebastian Vettel of Germany talks to journalists during pre-season testing at the Jerez racetrack in southern Spain
Ferrari F1 driver Sebastian Vettel of Germany talks to journalists during pre-season testing at the Jerez racetrack in southern Spain(c) REUTERS (Marcelo del Pozo)
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Sebastian Vettel glänzt mit Trainingsbestzeiten im Ferrari, aber wird er auch in Deutschland Gas geben? Bernie Ecclestone rechnet noch.

Jerez de la Frontera. Die neue Dienstkleidung ist ungewohnt, die Farbe Rot erinnert zwar an die alte Wirkungsstätte, doch für Sebastian Vettel ergibt sich bei Ferrari nun ein ganz anderes Weltbild in der Formel 1. Auch scheint sich der Deutsche bei der Scuderia wohler zu fühlen als in der vergangenen Saison, jedenfalls feierte er bei den Testfahrten in Jerez de la Frontera einen überaus gelungenen Einstand. Vettel, 27, fuhr zweimal Tagesbestzeit mit dem SF15-T.

Der viermalige Weltmeister stand damit im Mittelpunkt, und dennoch, er hatte es eilig. Vettel flog aus Südspanien direkt zum Firmensitz in Maranello, weitere Fahrten im Simulator standen auf dem Programm. Er sagt: „Alles in allem waren es gute zwei Tage in Spanien“, seinem Team gefielen diese Worte, er erntete Applaus. Am Dienstag übernahm der Finne Kimi Räikkönen den Wagen für weitere Tests. Der Saisonauftakt erfolgt am 15. März in Melbourne.

Ehe die Saison anhebt, wird Chefvermarkter Bernie Ecclestone schon von Problemen eingeholt. Die deutsche Justiz hat er mit einer Millionenzahlung zufriedengestellt, nun muss der Brite, 84, die Unruhe im deutschen Motorsport regeln. Denn der GP von Deutschland droht aus dem Kalender gestrichen zu werden. „Es sieht nicht gut aus, wir versuchen das Rennen zu retten“, sagte Ecclestone der „Bild“-Zeitung. „Wer weiß? Es gibt zwei Orte. Wir müssen abwarten. Ich will es nicht verlieren, wir geben unser Bestes.“

Ein abschreckendes Minus

Seine Schilderungen klangen kaum überzeugend, am Montag hatte er mittels Fax an die „Rhein-Zeitung“ sein Bedauern über das endgültige Aus kundgetan. Das würde bedeuten, dass Mercedes (der F1-W06 wurde am dritten Testtag in die Box geschleppt) in seiner ersten Saison als Konstrukteursweltmeister kein Heimrennen mehr hätte; ebenso wie die Fahrerstars Vettel und Nico Rosberg. Es klingt nach einem Widerspruch, Deutschland ist die Heimat zahlreicher Automobilhersteller – die Einnahmen der Ringstrecken aber blieben aus. Erstmals seit 1960 droht somit eine Saison ohne deutschen Grand Prix.

Naturgemäß dreht sich in der Formel 1 und dem Ecclestone-Kosmos alles nur um Geld. Das ist der Grund der seit drei Wochen anhaltenden Zweifel. Den Nürburgring plagen finanziellen Schwierigkeiten, der Kurs in der Eifel mit seiner üppigen Erlebniswelt wäre heuer – infolge des alternierenden Wechsels mit Hockenheim seit 2009 –, an der Reihe. Das Rennen ist für den 19. Juli vorgesehen. Ein simpler Wechsel wäre die einfachste, wohl letzte Option. Doch dazu gibt es keine Antworten, weder von Ecclestone noch von den Ringbetreibern in Baden. Aber schon 2014 soll die Formel 1 in Hockenheim ein Minusgeschäft gewesen sein. Vielleicht verbirgt das Schweigen die Suche nach einem rettenden Financier...

Sinkende Besucherzahlen, erschreckende TV-Quoten, womöglich drei in die Insolvenz rasende Teams: Die F1 steht vor einer Existenzfrage und Ecclestone gelingt es nicht, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Sein Verlangen nach stärkeren, lauteren Motoren, also dem Sound der Vergangenheit, ist ein Indiz dafür, dass seine Königsklasse – zumindest in Europa – Vermarktungsprobleme hat. Es sind Belastungen, die durch die Rennen in finanziell starken Ländern wie Bahrain, Abu Dhabi, Mexiko, Baku etc. überstrahlt, aber langfristig nicht behoben werden, wenn parallel dazu das Kerngeschäft in Europa zerbricht. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2015)

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