Formel 1: Ferrari-Coup und Motorenkrise

FORMULA 1 - Singapore GP
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Am Rande von Sebastian Vettels souveränem Sieg beim Grand Prix von Singapur spitzte sich die Debatte um künftige Motorenpartnerschaften und den Preis der Triebwerke weiter zu.

Singapur. Auf dem Marina Bay Street Circuit von Singapur wird den Formel-1-Piloten eigentlich nie langweilig. Das liegt an den 23Kurven und der besonderen Atmosphäre eines Nacht-Grand-Prix. Bei Sebastian Vettel könnte aber tatsächlich so etwas wie Langeweile aufgekommen sein. Der Ferrari-Pilot feierte einen ungefährdeten Start-Ziel-Sieg, sein 42. insgesamt, damit hat der Deutsche Ayrton Senna (41) überholt. Lediglich in Runde 38 sorgte ein Fan mit einem Spaziergang auf der Strecke für eine Schrecksekunde beim Sieger. Hinter Vettel landeten der Australier Daniel Ricciardo im Red Bull und der Finne Kimi Räikkönen im zweiten Ferrari.

Mercedes hatte in Singapur Probleme. Lewis Hamilton blieb zum ersten Mal in dieser Saison ohne Zähler. „Ich habe viele Punkte verloren“, meinte der WM-Leader, der die Fahrerwertung noch immer 41 Punkte vor Teamkollege Nico Rosberg (Vierter in Singapur) und 49 vor Vettel anführt. Hamiltons Aufgabe in Runde 33 wegen eines technischen Defekts komplettierte ein völlig verpatztes Mercedes-Rennwochenende. Schon im Qualifying hatte Vettel die Serie der Silberpfeile von 23 Pole-Positions in Folge beendet. Motorsportdirektor Toto Wolff sprach von einer „Watschn“ und einem „charakterbildenden Wochenende“.

Zweiklassengesellschaft droht

Während Vettel für den dritten Ferrari-Erfolg in dieser Saison gesorgt hat, rast die Formel 1 immer tiefer in die Motorenkrise. Die Rückzugsdrohungen von Renault, Red Bull und Toro Rosso kratzen am ohnehin angeschlagenen Image der Rennserie. Nun sorgte der Preis der Triebwerke für Diskussionen. Die Kosten, die angeblich auf die Kundenteams ab der kommenden Saison zukommen sollen, schüren Ängste vor einer Zweiklassengesellschaft.

Manche Teams könnten des Geldes wegen auch 2016 noch mit der alten Antriebsversion antreten. Wie das Fachmagazin „Autosport“ berichtet, soll eine aktuelle Version zwölf Millionen Euro kosten, die ein Jahr alte Version acht Millionen. Für Mercedes-Kunden wie Williams sind vier Millionen Euro Ersparnis eine Hilfe. „Wir können das Geld dann in andere Bereiche investieren“, meinte Gründer-Tochter Claire Williams. Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost prophezeite gar: „Dann haben wir fünf, sechs, sieben Autos, die vorneweg fahren und nach zehn Runden 30Sekunden Vorsprung haben.“ Für Wolff sind die Kostenspekulationen „grenzwertiger Blödsinn“.

Tatsächlich fahren nach jetzigem Stand im kommenden Jahr neun von elf Rennställen – das US-Team Haas steigt neu ein – mit den Motoren von nur zwei Autobauern, Mercedes und Ferrari. Hinzu kommt Honda, das weiter McLaren versorgt. Renault hält sich neben dem Ausstieg noch die Option offen, das verschuldete Lotus-Team zu kaufen.

Weg von Red Bull bleibt offen

Für Red Bull ist das vorzeitige Ende der Partnerschaft mit Renault zum Saisonende jedenfalls besiegelt. Teambesitzer Dietrich Mateschitz berichtete immerhin von „positiven“ Gesprächen mit Ferrari, während Motorsportberater Helmut Marko die Ausstiegsdrohung erneuerte. Befeuert wurden ebenfalls immer wiederkehrende Gerüchte um einen Einstieg von Volkswagen. Bis Red Bull von 2018 an mit VW-Power auf die Strecke geht, komme ein Ferrari-Motor zum Einsatz – so lautet die Theorie. Bei VW möchte man sich an solchen Spekulationen nicht beteiligen.

Seit die Turbo-Hybridmotoren im Vorjahr eingeführt wurden, reißt die Technik- und Kostendiskussion nicht ab, die Formel1 dreht sich weiter im Kreis.

GRAND PRIX VON SINGAPUR

1. Sebastian Vettel (GER) Ferrari 2:01:22,118 2. Daniel Ricciardo (AUS) Red Bull +1,478 3. Kimi Räikkönen (FIN) Ferrari +17,154 4. Nico Rosberg (GER) Mercedes +24,720 5. Valtteri Bottas (FIN) Williams +34,204

WM-Fahrerwertung (13 von 19 Rennen): 1. Hamilton 252 2. Rosberg 211 3. Vettel 203

AUF EINEN BLICK

Sebastian Vettel im Ferrari hat im Nacht-Grand-Prix von Singapur einen überlegenen Start-Ziel-Sieg gefeiert. WM-Leader Lewis Hamilton fiel in Runde 33 aus und blieb erstmals in dieser Saison punktlos.

Die Motorenkrise geht indes weiter. Kundenteams befürchten aufgrund der hohen Kosten der Triebwerke eine Zweiklassengesellschaft in der Formel 1.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2015)

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