Formel 1: Der Partner als größter Widersacher

Suzuka Circuit Suzuka Japan Sunday 27 September 2015 Daniel Ricciardo Red Bull Racing RB11 Ren
Suzuka Circuit Suzuka Japan Sunday 27 September 2015 Daniel Ricciardo Red Bull Racing RB11 Ren(c) imago/LAT Photographic (imago sportfotodienst)
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Renault kehrt 2016 als eigenes Formel-1-Team zurück und wird Gegner von Red Bull, sofern die Bullen weiterfahren. Markos Kritik und Lotus-Finanznot beschleunigten diesen Coup.

Monatelang hatte sich Helmut Marko über die Motoren von Renault beschwert. Sie wären schuld am Misserfolg des als Branchenprimus abgelösten Formel-1-Rennstalls. Es glich einem Scharmützel abseits der Rennstrecken, auch die Franzosen änderten naturgemäß ihre Haltung. Der Ton wurde rauer, man ging auf Distanz.

Während die Trennung mit Saisonende pompös verkündet wurde und RB-Siege weiterhin ausbleiben, sucht Marko einen neuen Zulieferer. Honda oder Ferrari sind im Gespräch, Mercedes winkte laut Niki Lauda nach einem Gespräch mit Dietrich Mateschitz ab. Renault vollzog hingegen einen Coup. Der Hersteller kehrt als eigenes F-1-Team zurück, ab 2016 ist er ein Gegner von Red Bull und Marko – sofern Mateschitz nicht doch die Ausstiegsdrohungen in die Tat umsetzt. Nicht nur Lauda hatte zuletzt den Eindruck gewonnen, dass der Milliardär das Interesse an der Formel 1 verloren haben könnte, er nicht um jeden Preis erfolglos mitfahren werde...

Auch Renault prüfte Ausstieg

Renault wird jedenfalls den vor der Insolvenz stehenden Lotus-Rennstall übernehmen, eine Absichtserklärung gaben beide Seiten am Montag ab. Für Lotus ist die Übernahme die Rettung, zuletzt standen Mitarbeiter in Suzuka wegen offener Rechnungen vor versperrten Boxen. Mechaniker und Ingenieure aßen auf Kosten von Bernie Ecclestone im Paddock-Club. Fahrer und Teamchef mussten bei anderen Teams um Essen bitten...

Renault nahm an 300 Grand Prix als Konstrukteur teil, dabei gelangen 35 Siege. 2005 und 2006 gewann der Spanier Fernando Alonso sogar den WM-Titel im Renault. 2011 stiegen die Franzosen zum zweiten Mal aus dem Konstrukteurswettbewerb aus, feierten als Motorenpartner mit Red Bull Racing und Piloten Sebastian Vettel Triumphe in Serie. Das erste Werksengagement hatte der Autobauer 1977 begonnen.

In Zeiten, in denen Innovation, neue Energien und die Kostenfrage den Automobilsektor dominieren, sind Engagements im sündhaft teuren Motorsport nicht alltäglich bei Herstellern. Dennoch liefert diese Sparte als bewährtes Versuchskaninchen der Industrie laufend wichtige Erkenntnisse.

Renault aber war – in diesen Punkten hat Marko recht – im Vergleich zu anderen Marken ins Hintertreffen gerückt. Seit dem Wechsel auf V6-Turbo und Hybrid-Technologie, sind Kraft, Ausdauer und Laufleistung – im Vergleich zu Mercedes – zu schwach.

Lotus, nur der Name erinnert an seinen glorreichen Vorgänger, wollte Renault als Mehrheitseigner gewinnen. Bislang war der Rennstall im Besitz der luxemburgischen Investmentgesellschaft Genii Capital. Für Ecclestone ist diese Rückkehr eine positive Nachricht, zumal die Franzosen – wie auch Red Bull – den Ausstieg geprüft hatten. Schließlich hatte zuvor schon eine Reihe von Herstellern diesem PS-Zirkus den Rücken gekehrt, etwa Toyota oder BMW. Vor allem, weil Erfolge ausblieben. BMW gewann 2008 ein Rennen, die Japaner waren von 2002 bis 2009 sieglos geblieben.

Marko: „Inferiores Produkt“

Der Schritt der Franzosen lässt auch aus einem anderen Blickwinkel aufhorchen. „Renault konnte uns keinen Motor mehr geben, mit dem wir an der Spitze mitfahren können. Auch für 2016 war nicht zu erkennen, dass sie mit Mercedes oder Ferrari auf Augenhöhe sind“, polterte Marko zuletzt in Suzuka. „Niemand gibt Geld für ein inferiores Produkt aus!“ Renault aber startet nun sein eigenes Team, womöglich mit Alain Prost als Chef. Auf VW oder Audi sollte Marko nach dem Diesel-Skandal nicht mehr warten. Was passiert, sollten die so inferioren Franzosen dann aber schneller sein als Red Bull...?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2015)

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