Formel 1: Mit Vollgas in die Zukunft

FORMULA 1 - Brazilian GP
FORMULA 1 - Brazilian GP(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ XPB Images)
  • Drucken

Neo-Eigentümer Liberty Media will dem Zuschauerschwund in der Formel 1 entgegenwirken – mit mehr Rennen und vor allem noch mehr Show.

Barcelona/Wien. In Österreich ist die Formel-1-Euphorie längst verflogen, nur noch 85.000 Menschen kamen im vergangenen Juli zum Rennwochenende in Spielberg – 2014, als die Königsklasse des Motorsports ihr umjubeltes Comeback in der Alpenrepublik feierte, waren es noch über 200.000 gewesen. Dieser Trend ist freilich kein rein österreichisches Phänomen, die Fadesse angesichts der Mercedes- und zuvor Red-Bull-Übermacht in den Grand Prix sowie teure Ticketpreise (in Spielberg ab 250 Euro) zeigen ihre Wirkung. Ein ähnliches Bild liefern die TV-Quoten, in Deutschland ist die durchschnittliche Zuschauerzahl von rund zehn Millionen Menschen zu Michael Schumachers Glanzzeiten um die Jahrtausendwende bis auf 4,2 Millionen im Jahr 2015 gefallen.

Die Verantwortlichen des neuen Eigentümers, Liberty Media, lassen sich davon jedoch nicht abschrecken, sie denken sogar über eine Aufstockung der WM-Saison nach. „Es besteht Interesse an mehr Rennen“, sagte Geschäftsführer Greg Maffei bei einer Konferenz mit Investoren in Barcelona. „Dann verdient die FIA mehr Geld, die Teams verdienen mehr Geld, und wir verdienen mehr Geld.“ Von einer Übersättigung geht der Inhaber der kommerziellen Rechte nicht aus, obwohl die aktuelle Saison mit 21 Rennen einen neuen Rekordwert erreicht hat. „Natürlich gibt es ein gewisses Limit, aber ein leichter Anstieg ist sicher machbar“, erklärte Maffei, der neue Destinationen in Lateinamerika, Asien und in den USA für interessant befand. Die Klassiker in Europa wie Monaco oder Monza hätten ihren Charme, „doch neue Austragungsorte zahlen tendenziell mehr“. Zudem könnte Las Vegas ein Nachtrennen bekommen. „Diese Idee gefällt mir besonders“, sagte der US-Amerikaner.

Die Rennställe sehen die Pläne allerdings skeptisch. „Wir sind bereits über dem kritischen Punkt“, sagte Ferrari-Chefingenieur Jock Clear. Schließlich müssten die Autos quer durch die Welt transportiert werden, noch mehr Stationen würden wohl eine zweite Crew nötig machen. „Wir können von unserem Personal nicht verlangen, dass sie das Level aufrechthalten“, erklärte auch Williams-Technikchef Pat Symonds.

Die Jugend unterhalten

Die Aufstockung wäre Teil einer angedachten generellen Imagekorrektur der Formel 1, schließlich ist das Publikum nicht nur drastisch geschwunden, sondern auch gealtert. Zu lang hat Bernie Ecclestone dringend nötige Innovationen und etwa Social Media kategorisch abgelehnt, legendär sein Ausspruch: „Jugendliche sind nicht relevant für die Sponsoren.“ Der US-Unterhaltungskonzern Liberty Media will sich seine Expertise aus dem Showbusiness zunutze machen, für die Rennserie wurde eine eigene Expertengruppe formiert. Ein erstes Beispiel, wie es künftig laufen könnte, gaben die Veranstalter des Grand Prix in Austin. Physikstudenten durften im Fahrerlager schnuppern, das Rennstrecken-Innere verwandelte sich am Samstag nach dem Qualifying kurzerhand in eine Festivalbühne. Der Auftritt von Sängerin Tyler Swift lockte allein 25.000 zusätzliche Besucher an. (swi)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.