Marc Márquez: Die Genussfahrt eines Weltmeisters

Bekanntes Terrain, aber neue Perspektive: Motorradstar Marc Márquez lenkte in Spielberg einen Toro-Rosso-Renner.
Bekanntes Terrain, aber neue Perspektive: Motorradstar Marc Márquez lenkte in Spielberg einen Toro-Rosso-Renner.(c) APA/ERWIN SCHERIAU
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Moto-GP-Champion Marc Márquez tauschte in Spielberg das gewohnte Zweirad gegen einen F1-Boliden und begeisterte die Experten. Für den Spanier war es „eine großartige Erfahrung“.

Spielberg. Das dröhnende Motorengeräusch war bereits aus der Ferne zu hören, kurz darauf zischte sein Verursacher vorbei. Ein Toro-Rosso-Rennwagen drehte seine Runden auf dem Red-Bull-Ring in Spielberg, der am Dienstag Bühne für einen ganz besonderen Gast war: Moto-GP-Weltmeister Marc Márquez wechselte von zwei auf vier Räder und wagte seine erste Testfahrt in einem Formel-1-Auto. „Eine großartige Erfahrung, ich habe es sehr genossen“, sagte der Spanier, und sein breites Lächeln verlieh der Aussage Nachdruck.

Neben Red-Bull-Eigentümer Dietrich Mateschitz hatten sich einige Fans eingefunden, um die Fahrkünste des Motorradstars mit höherer Motorisierung zu beobachten. Statt auf einem 150-kg-Gefährt mit gut 250 PS ging der Spanier in einem älteren F1-Modell mit gut 600 kg bzw. 500 PS mehr auf die Strecke. Rund um die Box waren etliche Leiberln mit Márquez' Nummer 93 zu sehen, ein Fan harrte trotz sommerlichen Wetters in Honda-Motorradmontur aus. Ihr großes Idol bekamen sie aber zunächst nur aus der Ferne zu sehen, mit „Hello“ und einem kurzen Winken verabschiedete sich Márquez in die Kabine, um sich auf die Pressekonferenz vorzubereiten.

Das andere Rennfahren

Zwischen Österreichs Motorsportlegenden Niki Lauda, der eigens eingeflogen kam, und Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko sowie Ex-F1-Pilot Mark Webber, der als Driving Coach fungierte, schilderte Márquez seine Eindrücke. „Ich war wirklich nervös, konnte kaum schlafen. Schritt für Schritt habe ich mich herangetastet“, gestand der viermalige Moto-GP-Weltmeister nach dem Blitzlichtgewitter.

Das Resümee nach den ersten Ausfahrten im Toro Rosso fiel eindeutig aus. „Beides ist Rennfahren, aber die Technik komplett unterschiedlich.“ Größte Umstellung seien Bremspunkt und -weise („früh, sanft und lang – beim Auto ist es das genaue Gegenteil“) sowie das vergleichsweise eingeschränkte Gesichtsfeld gewesen. „Aber man ist sowieso so schnell, dass man in die Ferne schauen muss.“ Besonderen Eindruck hat dafür die deutlich höhere Downforce hinterlassen. In der Moto-GP für seine risikoreiche Fahrweise bekannt, empfand Márquez im Auto mehr Sicherheit, dafür weniger Gefühl. „Auf dem Motorrad fühle ich mich freier.“

Eingefädelt wurde die Ausfahrt im Zuge der Verhandlungen zwischen Red Bull und Honda, der japanische Hersteller ist Arbeitgeber von Márquez und seit heuer Motorenlieferant für Toro Rosso – und womöglich bald auch von Red Bull. Bis zum GP von Österreich (1. Juli) soll es eine Entscheidung geben, verriet Marko. Zwischen ihm und Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzendem Lauda lief der Schmäh, auch beim Thema Vertragsverhandlungen mit ihren jeweiligen Piloten. Marko: „Ricciardo will nicht unterschreiben solang Hamilton es nicht tut.“ Darauf Lauda: „Also erpresst er dich? Aber wir haben ihm kein Angebot gemacht, da kann er ewig warten.“

Das Red-Bull-Cockpit wartet

Dass eines Tages Márquez in einem F1-Cockpit sitzen könnte, wollte man bei Red Bull nicht ausschließen. „Eine sehr beeindruckende Leistung. Er hat die Erwartungen mehr als erfüllt“, meinte Marko. „Wer so eine Begabung für Speed hat, kann auf einem Motorrad und in der Formel 1 reüssieren.“ Der Spanier wäre nicht der erste Motorradfahrer, der den Disziplinenwechsel wagt. Auch seine WM-Rivalen Jorge Lorenzo und Valentino Rossi haben sich bereits testweise in einem Rennauto versucht. Doch einzig dem Briten John Surtees ist es gelungen, sowohl die Motorrad- (1956, 1958–60) als auch F1-WM (1964) zu gewinnen.

Márquez allerdings sieht seine Zukunft in der Moto-GP, in der er trotz des Sturzes am vergangenen Wochenende in Italien die WM anführt und Kurs auf den fünften Titel nimmt. „Sag niemals nie, aber im Moment ist es nicht Teil meiner Planung“, so der 25-Jährige. Selbst einen Teamwechsel kann sich der Spanier, der seit seinem Einstieg 2013 für Honda fährt, derzeit nicht vorstellen. „Der Respekt des Herstellers ist das Wichtigste, und da bin ich sehr zufrieden.“

Nächste Woche möchte Márquez beim Heim-GP in Katalonien zurückschlagen. Nebenbei wird er sich erneut einer anderen Sportart widmen – diesmal passiv. Die Fußball-WM wird der glühende Barcelona-Fan verfolgen, sein Tipp überrascht nicht: „Spanien!“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2018)

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