Niki Lauda: Weltberühmt aus Österreich

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Vor 35 Jahren bekam Niki Lauda, der schnellste Österreicher aller Zeiten, beim Formel-1-Rennen auf dem Nürburgring die letzte Ölung. Sentimental wird der personifizierte Mythos heute deswegen allerdings nicht.

Nürburg.Der schnellste Österreicher aller Zeiten war schon da, lange vor seiner Ankunft. Niki Lauda reist zu den Rennen der Formel 1 meist erst am Samstag an, und doch ist er nicht nur hier am Nürburgring schon Tage davor präsent: Als eine große Formel-1-Facebookseite ein Bild von einem vermummten Streckenposten mit rotem Kapperl ins Internet stellt, tippen die ersten 87 der großteils jungen User, es sei Niki Lauda. Dass Michael Schumacher ebenfalls mit einer roten Kappe fünfmal bei Ferrari Champion wurde, hat keine Spuren hinterlassen - Lauda ist die Marke.

Hollywood-Reporter rufen aufgeregt an, was da nun dran sei am Filmprojekt, in dem das Leben des dreifachen Weltmeisters verfilmt wird - von einem Regisseur, der eigentlich Stephen Kings „Der dunkle Turm" ins Kino bringen sollte, nun aber stattdessen in Laudas komplexe Welt eindringt. Und der Mützensponsor des Österreichers ist untergetaucht, weshalb nicht nur die „Bild"-Reporter aufgeregt sind: „Kommt er wieder mit einem roten Kappl? Oder doch mit einem blauen, aber ohne Branding? Und welcher Sponsor mietet sich als nächster auf Nikis Kopf ein?"

Der heute 62-jährige Niki Lauda hat hier in der Nähe vor 35 Jahren die letzte Ölung bekommen. Am 1. August 1976. Nach einem schweren Unfall in seinem Ferrari in der zweiten Runde des Grand Prix von Deutschland.
Sentimentale Gefühle ob dieses Jubiläums sind ihm fremd. Vielleicht geht er heuer wieder mit Bekannten („Ich habe keinen einzigen Freund") raus an die Stelle beim Bergwerk, um sich eine Hetz daraus zu machen, „bei einer Grillparty mein Ohr zu suchen".

Als Niki Lauda 42 Tage nach seinem Unfall sein Comeback gab, ging er am ersten Trainingstag mit einem bizarren Witz über sich hausieren. Der ging so: „Eine Schildkröte fordert einen Hasen zu einem Wettrennen heraus. Völlig unerwartet gewinnt sie. Fragt der Hase atemlos: ,Wie hast du das gemacht?‘ Antwortet die Schildkröte: ,Schau mich an. Ich habe keine Ohren, keine Haare und eine runzelige Haut. Ich bin Niki Lauda.‘"

Der einzige Österreicher, der je Weltsportler wurde (1977), wird nun von Hollywood entdeckt. Laudas heroisches Jahr 1976, in dem er erst den Tod besiegte und dann gegen seinen einstigen WG-Kollegen James Hunt durch Aufgabe verlor, wird verfilmt - vermutlich wird Daniel Brühl Laudas Rolle übernehmen.

Freiheitskampf mit Mini Cooper

Der Deutsche muss einen vielfältigen Charakter verkörpern - der ausgerechnet 1968 seinen Freiheitskampf auf der Straße begann: gegen einen eiskalten Vater, aber nicht mit Parolen, sondern mit einem Mini Cooper. Und irgendwann mit einem Ferrari. „Ich habe mit Senna gearbeitet und mit Alonso", sagt sein Ex-Teamchef Daniele Audetto, „aber Lauda hat die Formel 1 mehr geprägt als jeder andere. Er hat die Ära der Gentleman-Driver beendet, mit ihm begannen die Zeit der exzessiven Tests, der enormen Gagen, der totalen Professionalität."

1975 wurde er erstmals Weltmeister, doch der 1. August 1976 machte ihn zum Mythos. „An dem Tag ist einer im Fahrerlager vorbeigekommen", erzählt uns Lauda, „der hat darauf bestanden, dass ich das Datum neben mein Autogramm schreibe. Frag ich: Warum? Sagt er: Könnte ja das letzte sein." Stunden später touchiert Laudas Ferrari bei 240 km/h im vierten Gang mit dem rechten Hinterrad den Randstein. Der Pilot korrigiert, der Wagen kommt ins Schleudern, prallt auf. Das Auto von Brett Lunger, einem Amerikaner, der früher in Vietnam im Krieg war, knallt in den Ferrari. Eine Minute später zieht er Lauda gemeinsam mit seinen Kollegen Merzario, Ertl und Edwards aus dem Feuer. Es ist Teil eines dramatischen Überlebenskampfs. Der Arzt im Spital in Adenau gibt Niki keine Chance mehr, Audetto aber treibt den Experten Dr. Peter auf. Der hat schon gepackt, will zum Urlaub nach Taormina fliegen. So aber wartet er auf Lauda in Ludwigshafen. Audetto: „Als der Hubschrauber abhebt, berührte ich Lauda. Fünf Minuten später wäre er tot gewesen."

Die „Bild"-Zeitung schrieb damals: „Wie kann ein Mann ohne Gesicht weiterleben? So grauenhaft es klingt: Er wird sich ein halbes Jahr nicht unter Menschen trauen. Erst Anfang 1979 wird sein neu geformtes Gesicht fertig sein. Nase, Augenlider, Lippen sind dann geformt. Nur an seiner Sprache werden ihn Freunde noch erkennen."

42 Tage später wurde Lauda Vierter in Monza. Heute sagt er sarkastisch: „Manche werden hässlicher geboren, als ich es jetzt bin." Kosmetische Operationen verweigert er standhaft: „So sieht man eben aus, wenn man 50 Sekunden im Feuer sitzt. Wenn ich Leute erschrecke, haben sie eben Pech gehabt. Ich habe ein scharfes Auge - wenn ich Frauen mit aufgespritzten Lippen sehe, dann wird mir schlecht."

Lauda über den Dingen

Jetzt mit 62 und als fünffacher Vater steht er über den Dingen. Wenn er Lewis Hamilton kritisiert, steht die Welt still - keiner kann mit seinen Kommentaren so ein Echo auslösen. Aber der Mann, dessen vom Großvater bestimmte Lebensaufgabe es war, „im Wirtschaftsteil der Presse zu stehen", hat früh begonnen, seinen eigenen Weg zu gehen, und nicht auf die Einschätzungen anderer zu hören. Was schrieb der Kurier 1972 in seiner Faschingsausgabe? „Formel 1 ab nun mit 100 km/Geschwindigkeitsbeschränkung. Niki Lauda Favorit - er hat sich ja schon immer ans Limit gehalten."

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