Spielraum

Wieder keine WM-Teilnahme. Aber diesmal waren die Spiele wenigstens ein Abenteuer. Auch darum sollte Marcel Koller bleiben.

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in die tiefe des sports

Diepresse.com/Sport

Die mitgereisten Fans waren enttäuscht, der Mannschaft fehlten die Worte. Auch Teamchef Marcel Koller wirkte etwas geknickt. Österreich wird auch bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien nicht vertreten sein, eine Rolle hätte diese Fußballauswahl im Duell mit den Besten ohnedies keine spielen können. Aber Rot-Weiß-Rot hätte wenigstens ein bisschen Flagge zeigen, die Spieler wertvolle und unbezahlbare Erfahrungen sammeln können. Und der ÖFB hätte einige Millionen vom Weltverband eingenommen. So aber wird das Jahr 2014 ein hartes, bis Herbst und Beginn der EM-Qualifikation gibt es nur wenige Länderspiele. Große Bedeutung haben sie auch nicht, weil alles auf die WM-Teilnehmer blickt.

Stockholm aber war ein Abenteuer. Und bleibt ein Rätsel zugleich. Seit einer gefühlten Ewigkeit hat man keine österreichische Mannschaft mehr auswärts so spielen gesehen – aber eben nur 45 Minuten lang. Nimmt man die weiteren 45 Minuten vom Heimspiel gegen Deutschland dazu, dann wäre man bei WM-reifen 90 Minuten angelangt. Aber die österreichischen Fußballer sind noch nicht so weit, sie müssen immer wieder Lehrgeld zahlen.

Die ÖFB-Auswahl, das ist unbestritten, hat unter Marcel Koller Fortschritte gemacht. Sie lebt von einem David Alaba, der gegen Schweden allerdings nach dem Seitenwechsel genauso abgebaut hat wie alle anderen. Oder sie lebt von einem Marko Arnautovic, über den man sich so schön ärgern kann. Ein anderes Mal von einem Zlatko Junuzovic, in Stockholm allerdings nur Mitläufer. Aber letztlich blieb alles nur Stückwerk. Die Legionäre sind nicht alle in der Verfassung, in der man sie gerne sehen würde. Einige haben wenig Spielpraxis, andere sind nicht in Form, manche rücken mit Wehwehchen ein. Und der Nachschub aus der heimischen Bundesliga ist nicht so gut, wie das manche glauben.

Nicht nur Stockholm war ein Erlebnis, die gesamte Qualifikation hat für Abwechslung gesorgt. Wenn Marcel Koller von Österreich schon wieder genug haben sollte, dann wäre dies zu bedauern. Nicht nur wegen seiner fachlichen Kompetenz. Er ist ein ruhiger und sachlicher Profi durch und durch, wenn er dem Ruf aus Deutschland folgen sollte, dann hinterlässt er ganz bestimmt eine Lücke.

Wobei auch Koller nicht unfehlbar ist. Als Zlatan Ibrahimovic, der Superstar der Schweden, auf Österreichs schwächste Seite ausgewichen ist, um sich besser entfalten zu können, war auch der ÖFB-Teamchef mit seinem Trainerlatein am Ende. Für die Österreicher der Anfang vom WM-Ende. Aber es ist eben auch alles immer eine Frage der Alternativen.

wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2013)

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