Neuer Präsident - alte Probleme

Der Fußballweltverband (Fifa) scheint von Korruption bis in die kleinsten Adern zerfressen zu sein. Missbrauch war unter Sepp Blatter offenbar weiter verbreitet als befürchtet.

Wer gedacht hat, mit der Bestellung eines neuen Präsidenten würden sich alle Probleme von selbst lösen, der ist einem gewaltigen Irrtum aufgesessen. Die Ära von Joseph S. Blatter ist zwar vorbei, wie viele Leichen aber immer noch im Keller des Fußballweltverbandes (Fifa) versteckt sind, das lässt sich gar nicht abschätzen. In dieser Woche hat es den Generalsekretär erwischt. Auf den neuen Fifa-Boss Infantino wartet noch viel Arbeit, sein Verband scheint bis in die kleinsten Adern mit Korruption durchtränkt zu sein. Der Reinigungsprozess wird sicher noch Monate dauern.

Es ist noch nicht ganz ein halbes Jahr her, da trat Markus Kattner die Nachfolge von Jerome Valcke an. Der Franzose hatte mehr als acht Jahre als Generalsekretär des Fußballweltverbands unter Blatter gedient. Im September suspendierte die Fifa Valcke, dem sie Korruption vorwirft. Der 45-jährige Kattner, geboren in Bayreuth und später in der Schweiz lebend, übernahm das Amt interimistisch bis Mitte Mai – und nun ist er vom Verband ebenfalls entlassen worden.

Kattner, der seit 2003 auch Finanzchef war, wird vorgeworfen, seine treuhänderische Verantwortung missbraucht zu haben. Dies sei in einer internen Untersuchung festgestellt worden.

Zuletzt war Kattner bereits in die Schlagzeilen geraten, weil ihm dubiose Zahlungsflüsse bekannt gewesen sein dürften. So soll er auch von der Zwei-Millionen-Franken-Zahlung des damaligen Fifa-Präsidenten Blatter an den früheren Uefa-Chef Michel Platini gewusst haben. Laut dem Funktionärsduo war die Zahlung ein verspätetes Gehalt für Platinis Dienste um die Jahrtausendwende. Verbucht wurde die Summe in den Fifa-Büchern aber nicht.

Der Internationale Sportgerichtshof CAS hatte Anfang des Monats in seiner Urteilsbegründung für die Aufrechterhaltung der Platini-Sperre festgehalten, „dass die Fifa 2011 von der Zahlung der zwei Millionen Schweizer Franken wusste, eine Untersuchung zum Verhalten von Michel Platini durch die Fifa-Ethikkommission erst im September 2015 einleitete“.

Zum aktuellen Fall, Markus Kattner, gab die Fifa vorerst keine weiteren Details preis. Sie verweist darauf, dass sie ihre Zusammenarbeit mit den entsprechenden Untersuchungsgremien fortsetzen werde. Am 13. Mai übernahm die senegalesische Diplomatin Fatma Samoura das Amt der Generalsekretärin, das unter Gianni Infantino eine deutliche Aufwertung erhalten hat.

Geld macht die Menschen nicht besser. Vor allem, wenn sehr viel da ist, es ihnen nicht zusteht, sie es aber trotzdem wollen. Das ist nicht nur beim Weltfußballverband so. Aber dort ganz besonders. Der Charakterlosigkeit muss Einhalt geboten werden.

wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2016)

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