Spielraum

Doping, Korruption, Zensur

Es sind die üblichen Disziplinen, die allen Großevents, nicht nur in Russland, vorauseilen. Das Ereignis findet, unter Garantie, unbeschadet statt. Konsequenzen gibt es, wenn überhaupt, erst Jahre später.

Russland zieht Einschränkungen für Journalisten beim Confederations-Cup in Erwägung. Ihnen sei es verboten, an Nicht-Spielorten zu berichten oder über etwas anders außer Fußball zu schreiben. Je näher ein Großereignis rückt, in diesem Fall ist es die Generalprobe für die Fußball-WM 2018, desto mehr häufen sich mediale Schreckensmeldungen. Das Austragungsland ist längst beliebig austauschbar, die Probleme sind interessanterweise weltweit dieselben. Sie reichen von Korruption, willfährig-faulen Politikern über Betrug und Umweltsorgen zu Milliardenkosten.

Geht es aber um Russland, treibt die Angst wilde Blüten. Dann kommen die üblichen Dopinggeschwüre, Geheimdienste, Machenschaften diverser Sportfunktionäre und altkommunistische Lasten ins Spiel. Dass vieles stimmt, aber noch mehr getrost erfunden ist, soll kein Plädoyer sein. Es ist eine ganz nüchterne Bestandsaufnahme.

Trotz all dieser Probleme finden Großereignisse weiterhin statt. Ungebremst, bis auf wenige, aufgrund der Dopingproblematik entzogene, aber durchaus verschmerzbare Events auch in Russland. Das dokumentiert nicht nur die seit Jahrzehnten viel zu dünne Rechtsgrundlage im Kampf gegen Doping, sondern auch die wirtschaftlichen Verflechtungen im Weltsport, die letztlich das kollektive Saubermachen verhindern. Zum Wohl der Sportler, zum Gedeih der Wirtschaft, zum Glanz aller Staaten.

Der Umgang mit Dopingsündern ist so oder so ein scheinheiliges Spiel. Serienweise werden vom Internationalen Olympischen Komitee seit Monaten russische Sportler und Medaillengewinner der Sommerspiele 2008 sowie 2012 aus dem Verkehr gezogen. Mittels „Salami-E-Mail-Taktik“ werden ca. wöchentlich drei bis vier längst vergessene Namen, deren Substanzen und Sperren genannt. Von einer Dopingkrise zu sprechen? Nein. Organisiert, das sind die anderen.

Mehr als 30 Russen wurden mittlerweile nachträglich gesperrt, 26 Medaillengewinne aberkannt. Laut Nachrichtenagentur Reuters hat bislang aber nur einer sein Edelmetall, wie verlangt, retourniert. So viel zu Reue, Verfolgung – und Bedeutung.

Es sind freilich nicht nur Russen, sie stellen aber in den über 100 Erwischten das größte Kontingent. Noch mehr irritieren die kürzeren Sperren in anderen Ländern, für ähnlichen Substanzen. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum Sperren prominenterer Teilnehmer reduziert werden vor dem Sportgerichtshof – es legt allerdings offen, dass im Weltsport mit zweierlei Maß gearbeitet wird und dass ganz klare, unantastbare Gesetze für Missbrauch und Sperren fehlen.

Damit wird jede Vorbeugung torpediert, munter weiter gedopt und rundum so viel erfunden. Weil es doch schön ins Bild passt und vor allem das Geschäft belebt.

markku.datler@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2017)

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