Venus Williams, 37, spielt als älteste Halbfinalistin der US Open um ihr drittes Major-Finale in diesem Jahr. Die Unbeschwertheit ist passé, die alte Stärke dafür zurück.
New York. Venus Williams ist keine, die das Rampenlicht sucht. Bei den US Open in New York aber entkommt sie Fragen und Fans nicht. Vergangene Woche gehörten die Schlagzeilen noch ihrer abwesenden Schwester Serena, die am Freitag eine Tochter gebar. „Wörter können das nicht beschreiben“, sagte sie zu ihrer neuen Tantenrolle. Mehr wollte sie sich zu dem Thema jedoch nicht entlocken lassen, es gelte schließlich, die Konzentration zu wahren und ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen.
Sieben Titel auf höchster Ebene hat Venus Williams zu Buche stehen, in Flushing Meadows ist sie 20 Jahre nach ihrem Debüt dem achten mit dem 6:3-3:6-7:6(2)-Viertelfinalsieg gegen die Tschechin Petra Kvitova einen Schritt näher gekommen. „Es war definitiv ein besonderes Match, hier zu Hause bei einem Major, und eines ohne leichte Punkte“, erklärte die US-Amerikanerin. Heute spielt die 37-Jährige im Generationenduell mit Landsfrau Sloane Stephens, 24, um das Endspiel – als älteste US-Open-Halbfinalistin, auf Major-Ebene war nur Martina Navrátilová 1994 in Wimbledon einige Monate älter. Unabhängig vom Ergebnis wird Williams am Montag erstmals seit 2011 in die Top fünf der Weltrangliste zurückkehren – der Lohn für ihre bislang so starke Saison.
Schon in Australien und Wimbledon spielte Williams jeweils um den Titel, unterlag jedoch Schwester Serena bzw. Garbiñe Muguruza. Drei Major-Endspiele in einer Saison gelangen ihr zuletzt vor 15 Jahren, damals stand die zweimalige US-Open-Gewinnerin (2000, 2001) auch letztmals bei ihrem Heimturnier im Finale. „Anfang der 2000er-Jahre war ich gesund, alles war großartig. Ich liebte es“, erinnerte sie sich an unbeschwerte Tage zurück. „Ich bin glücklich, diese Momente in meinem Leben gehabt zu haben.“
Optimismus trotz Krankheit
Inzwischen ist die Welt für Venus Williams eine andere. 2011 wurde bei ihr das Sjögren-Syndrom diagnostiziert, eine chronische Autoimmunerkrankung, die das zentrale Nervensystem beeinträchtigen kann. „Eigentlich akzeptiere ich keine Grenzen, also hat es ein bisschen gedauert. Es bedeutet aber nicht, dass das Glas halb leer ist. Für mich ist es immer noch halb voll“, betonte die Weltranglistenneunte. Sport sei ein Mikrokosmos des Lebens, in dem sich die persönliche Einstellung jedes Einzelnen manifestiere. „Große Champions kommen von Verletzungen oder Umständen, mit denen man nie gerechnet hätte, zurück“, sagte die 37-Jährige. Erfolge würden schließlich inspirieren, nicht nur einen selbst. „Man weiß nie, wessen Leben man berührt, einfach weil man sein Bestes gibt.“ (swi)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2017)