Bammer: "Ich möchte auf den Kilimandscharo"

(c) GEPA (Matthias Hauer)
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Vor ihrem ersten Jugendturnier hatte man an Sybille Bammer gezweifelt. Jahre später stand sie im US-Open-Viertelfinale. In Bad Gastein beendete sie ihre Karriere.

Die Presse: Mit welchem Gefühl sind Sie nach Ihrem letzten WTA-Turnier vom Platz gegangen?

Sybille Bammer: Ich war erleichtert und befreit, dass die Profikarriere nun vorbei ist.


Sie wollten Ihre Karriere in Wimbledon beenden. Dann sind Sie durch Zufall in den Hauptbewerb in Gastein gerutscht. Wie war für Sie diese Nachspielzeit?

Natürlich hat mich der Ehrgeiz wieder voll gepackt. Aber ich konnte locker spielen, schließlich habe ich meine letzte Tennistrainingseinheit im März absolviert.

Verspüren Sie Trennungsschmerz?

Gar nicht. Das Reisen war sehr mühsam. In den vergangenen 16 Jahren war ich neun oder zehn Jahre in Hotels untergebracht. Da freue ich mich jetzt auf die Zeit mit der Familie. Ich kann jetzt so viel trainieren und so viel Tennis spielen, wie ich will. Und ich möchte auf den Kilimandscharo gehen. Vielleicht noch heuer.

Ihre Tochter Tina ist jetzt zehn Jahre alt. Sie haben einmal gesagt, sie habe Ihnen erst diese Karriere ermöglicht.

Ermöglicht ist vielleicht übertrieben. Aber es stimmt, nach der Geburt bin ich viel besser geworden. Ich habe damals erkannt, dass das meine letzte Chance ist. Ich wollte nach der Geburt gar nicht mehr anfangen. Aber mein Lebensgefährte meinte: „Du bist erst 21 Jahre alt, probier es noch einmal.“ Er hat an mich geglaubt – und ich habe alles gegeben.

Und jetzt ist Tina auch der Grund Ihres Karriereendes?

Jein. Ich will bei ihr sein, wenn sie im September im Gymnasium beginnt. Sie ist nicht der Hauptgrund.

Sondern?

Nach meiner Schulterverletzung 2009 habe ich nicht mehr konstant die Trainingsleistung erbringen können. Dass ich nur mehr zwischen den Plätzen 50 und 70 herumkrebse, das macht mir keinen Spaß, da habe ich zu viel Ehrgeiz. Als Profi will ich ganz vorn mitspielen. Und das geht nicht mehr.

Sie haben einmal gesagt, Sie würden jeden Tag mit Schmerzen aufstehen.

Wenn ich das Pensum von früher trainiere, tut mir alles weh: Achillessehne, Schulter und so weiter.

Wie hat sich das Tennis verändert, seit Sie 1997 Profi wurden?

Als ich 16 Jahre alt war, hat es noch kein tägliches Konditionstraining gegeben. Jetzt sieht man schon die Jugendlichen, intensiv Kraft, Kondition und Schnelligkeit trainieren. Guter Kick- und Slice-Aufschlag sind wichtiger, man muss mehr ins Feld hineingehen. 1998 war das WTA-Turnier in Maria Lankowitz. Davon habe ich ein Video. Wie ich damals aufgeschlagen habe, das ist aus heutiger Sicht echt witzig.

Weshalb?

Mein Ballwurf war ganz hoch. Ich habe aufgeworfen, erst dann die Bewegung gemacht und bin lang auf den Zehenspitzen gestanden – wie eine Balletttänzerin. Es war reine Glückssache, ob der Ball ins Feld ging.

Die WTA setzt den Sexappeal der Spielerinnen als Marketinginstrument ein. Wie finden Sie das?

Ich bin mir nicht ganz sicher. Natürlich gehen die Leute lieber zuschauen, wenn die Akteurinnen gut aussehen. Aber ich würde Werbung lieber auf technischer Qualität aufgebaut sehen.

Möchten Sie als Trainerin arbeiten?

Mal sehen. Im September gibt es Gespräche mit dem Österreichischen Tennisverband. Dann werden wir mehr wissen.

Wünschen Sie sich, dass Ihre Tochter ebenfalls eine Sportkarriere ansteuert?

Gar nicht. Tina hat viel Tennis gespielt, als sie klein war, weil sie oft mit von der Partie ist. Zuhause aber mag sie gar nicht mehr spielen.

Wie wichtig war es, dass Tina Ihre Begleiterin bei Turnieren war?

Sehr, weil ich durch sie vom Tennis abschalten konnte. Die Familie ist mir schon sehr wichtig.

Ihre Mutter war Triebfeder, mit dem Tennis zu beginnen. Würden Sie ihrem Rat noch einmal folgen?

Meine Mutter hat damals begonnen und wollte, dass ich auch anfange. Anfangs hat es mir keinen Spaß gemacht. Aber dann habe ich mich heimlich für ein Turnier angemeldet. Das war meiner Mutter gar nicht recht, sie meinte: „Du spielst ja gar nicht g'scheit.“ Aber ich bin auf Anhieb ins Finale gekommen.

Thomas Muster hat ein Comeback gegeben. Ist das auch für Sie denkbar?

Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich weiß, wie schwer es ist, wieder zurückzukommen. Aber Meisterschaft werde ich in Österreich und Deutschland weiterhin spielen. Das macht ja schließlich Spaß.

Auf einen Blick

Sybille Bammer (*27.April 1980) beendete in Bad Gastein ihre Profikarriere. Die Oberösterreicherin war 2007 bis auf Platz 17 in der Weltrangliste vorgestoßen.
Oft bei Turnieren von ihrer 2001 geborenen Tochter Tina begleitet, gewann sie zwei WTA-Turniere und war für Österreich bei Olympia '08. In ihrer Karriere verdiente sie über eine Million Euro an Preisgeldern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2011)

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