Lindsey Vonn: „Ich habe das alles vermisst“

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Selbst vier Sekunden Rückstand verdarben Lindsey Vonn bei ihrer Rückkehr auf die Weltcupbühne auf der „Karl Schranz“-Piste in St. Anton nicht die Laune. Auch ÖSV-Sorgenkind Andrea Fischbacher lacht wieder.

St. Anton. Lindsey Vonn wirkte quietschvergnügt, als sie im Zielraum der „Karl Schranz“-Piste stand und auf die Anzeigetafel blickte. Die vier Sekunden Rückstand auf die Trainingsschnellste, die Schweizerin Lara Gut, konnten ihr nichts anhaben. Sie genoss den Kampf gegen die Uhr, den sie schon so oft in ihrer Karriere gewonnen hat. Nach einer knapp einmonatigen Auszeit vom Weltcupzirkus stand die US-Amerikanerin nach dem ersten Training für die Abfahrt am Samstag auch ohne Bestzeit sofort wieder im Mittelpunkt des Interesses.

„Ich habe das alles vermisst. Die Kolleginnen, das Rennfahren. Auch euch“, sagte Vonn, umzingelt von Journalisten, gefolgt von einem herzhaften Lacher. Das „erste Mal“ hatte sich gut angefühlt, das unbedingte Vertrauen in Kopf und Körper ist zurückgekehrt. „Diese Pause“, sagt Vonn, „war wichtig. Es war einfach an der Zeit, auf meinen Körper zu hören.“ Nach ihrer Darmerkrankung im November hatte sie schlicht die Kraft verlassen. „Meine Beine fühlten sich nicht mehr gut an, aber jetzt“, betonte Vonn, „bin ich wieder stark.“ Auf der anspruchsvollen Strecke im WM-Austragungsort von 2001 kann die Siegerin von 57 Weltcuprennen jedes Gramm Muskelmasse gut gebrauchen. Vonn war nach dem ersten Training nicht die einzige Läuferin, die sich, nach Luft schnappend und mit verzogenem Gesicht, auf die Oberschenkel griff. „Diese Piste ist eine Herausforderung. Nicht nur für mich, sondern für alle von uns“, nickte Vonn, und bestätigte ihr Renn-Comeback am Samstag.

ÖSV-Trio im Spitzenfeld

Das Donnerstagstraining war geprägt von schlechter Bodensicht und einer unruhigen, mit vielen Schlägen versehenen Strecke. „Es war ein Kampf, von oben bis unten“, meinte Tina Maze und sprach damit für alle ihre Kolleginnen. Anna Fenninger, hinter Lara Gut Zweite, war hauptsächlich damit beschäftigt, „halbwegs die Schwünge zu erwischen.“

Neben der Salzburgerin wussten zwei weitere Österreicherinnen zu überzeugen. Andrea Fischbacher wurde Dritte, Nicole Schmidhofer mit der hohen Startnummer 51 Sechste. Fischbacher, deren Saison bislang einer einzigen Enttäuschung gleicht, gab ein sehnlich erwartetes Lebenszeichen ab. Wie Vonn hatte sich auch die Super-G-Olympiasiegerin von Vancouver eine Auszeit verordnet, verzichtete auf den Riesentorlauf am Semmering. Schmerzen im Rücken- und Kniebereich hatten der 27-Jährigen in der Vergangenheit immer wieder Rätsel aufgegeben.

Neben dem Körper spielte irgendwann auch der Kopf nicht mehr mit. „Wenn du ständig Probleme hast, brennt sich das zwangsläufig in deinem Hinterkopf ein.“ Fischbacher verlor den Spaß am Skifahren, die Basis für den Erfolg. Nach St. Anton reiste sie vier Tage früher als ihre Kolleginnen an. Nicht, um erbittertes Stangentraining zu absolvieren – die Salzburgerin bevorzugte es, durch das freie Gelände zu carven, ohne Druck Ski zu fahren.
Eine Entscheidung mit Weitblick. „Ich habe jetzt wieder Spaß an der Sache“, sagte Fischbacher, der nach Monaten des Frusts endlich wieder ein Lächeln entkam.

Görgl fährt weiter hinterher

Wunderdinge, wie Fischbacher selbst sagt, seien in St. Anton dennoch keine von ihr zu erwarten. Noch weniger von Elisabeth Görgl. Die Steirerin ist dreieinhalb Wochen vor Beginn der WM immer noch die Verunsicherung in Person. Im ersten Training setzte es mit Rang 56 den nächsten Tiefschlag. Qualifikationsdruck verspürt Görgl vor Schladming dennoch keinen: Als Doppelweltmeisterin von Garmisch ist sie in Abfahrt und Super-G fix qualifiziert.

Ergebnis 1. Training:
1. Lara Gut (SUI) 1:38,31 2. Anna Fenninger (AUT) +1,02 3. Andrea Fischbacher (AUT) und Daniela Merighetti (ITA) je 1,03 5. Maria Höfl-Riesch (GER) 1,12 6. Nicole Schmidhofer (AUT) und Dominique Gisin (SUI) 1,27 8. Marie Marchand-Arvier (FRA) 1,28 9. Nadia Fanchini (ITA) 1,34 10. Marion Rolland (FRA) 1,35 11. Regina Sterz (AUT) 1,69 - 12. Tina Maze (SLO) 1,91. Weiter: 24. Vonn (USA) 3,98 27. Hosp (AUT) 4,22 32. Moser (AUT) 4,60 40. Venier (AUT) 5,17 42. Hütter (AUT) 5,29 47. Puchner (AUT) 5,78 56. Görgl (AUT) 7,40 62. Altacher (AUT) 31,22 63. Tippler (AUT) 35,79.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2013)

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