Ohne Tempolimit – Frau Inspektor rast durch den Eiskanal

BOB WELTCUP IN IGLS: ZWEIERBOB DAMEN - HENGSTER / KLEISER (AUT)
BOB WELTCUP IN IGLS: ZWEIERBOB DAMEN - HENGSTER / KLEISER (AUT)APA/EXPA/ JFK
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Christina Hengster und Viola Kleiser starten in Sotschi im Damenbob. 135km/h sind möglich, Angst und Unkenrufe sind ihnen fremd. In Igls wurden sie aber nur enttäuschende 16.

Eines Tages war der Hammerwerferin Christina Hengster die Leichtathletik nicht mehr genug. Als Silke Zeuner 2004 eine kräftige, antrittsschnelle Anschieberin suchte, war ihr Entschluss schnell gefallen. Die 1,77 Meter große Tirolerin kletterte in den Eiskanal. Im Lauf der Jahre avancierte sie zur Pilotin, wurde Juniorenweltmeisterin, doch weitere Siege blieben aus. Den Quotenplatz für Sotschi ergatterte die WM-Neunte aber mit ihrer Teamkollegin Viola Kleiser dank Top-Ten-Plätzen im Europa- und Weltcup schnell.

„Für uns wird ein Traum Wirklichkeit“, sagt die Juristin und Polizeiinspektorin, 27. „Dieser Sport verlangt viel Kraft, Athletik, aber auch den richtigen Schlitten. Der Start ist unser Manko, von Medaillen sprechen wir also nicht. In Sotschi wollen wir aufzeigen, den Sport populärer machen.“

Beim Weltcup in Igls wollten sich beide vor Heimpublikum präsentieren, dabei soll der Schlitten glänzen.Sie wurden aber nur 16., mit schwachen Zeiten. Den Sieg sicherte sich Team USA mit Ex-Leichtathletik-Weltmeisterin Lauryn Williams.

Entgegen aller Behauptungen ewiger Nörgler waren Hengster und Kleiser sehr wohl dazu in der Lage, das Gerät selbst in den Eiskanal zu heben. „Er wiegt 170 Kilogramm, das schaffen wir“, sagt Hengster, die wie ihre Kollegin „mindestens 75 Kilogramm auf die Waage bringt“, stolz. Die Fracht ist besonders heikel, ein Bob ist im freien Verkauf nicht erhältlich. Ab 30.000 Euro, die besten Modelle kosten 90.000 Euro, wären Geräte in der Szene zu finden. „Er kostet weit mehr als ein schöner Kleinwagen“, sagt Hengster. Dazu kämen Kufen zu je 7000 Euro, ein dreifaches Set ist Grundvoraussetzung. Bobfahren hat seinen Preis, ohne Förderung des Verbandes und Unterstützung diverser Förderstellen wäre es nicht möglich.

Der größte Unterschied zu anderen Nationen, dominant sind Kanada, USA oder Deutschland, liegt bei der Weiterentwicklung. McLaren, Ferrari und andere Hersteller liefern ihr Wissen, in Österreich träumt man von solcher Hilfe. Sie erreichen schneller höheres Tempo, in Lake Placid oder Königsberg sind gar 135km/h möglich. Voraussetzung dafür ist aber ein Blitzstart. „Den schaffst du nur mit Geschick und Muskelkraft“, weiß Hengster. Bis Sotschi heißt es also: sprinten, Gewichte stemmen und sich tunlichst genau alle Kurven einprägen. Damit der Traum nicht doch noch in Schieflage gerät.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2014)

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