Eishockey: Das Ende der Vienna Capitals

(c) GEPA (Christian Ort)
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Die Klubvorstände Hans Schmid und Martin Platzer haben von Liga-Querelen und Hallen-Diskussionen genug, ihr Rückzug ist beschlossen. Was passiert mit dem Verein?

WIEN. Als die Vienna Capitals im Jahr 2001 aus der Taufe gehoben wurden, ging ein Ruck durch die Bundeshauptstadt. Wien kehrte in die Eishockeyliga zurück, und die Fans strömten seitdem unaufhaltsam in die Albert-Schultz-Halle. Mit dem Gewinn der Meisterschaft war der Gipfel erreicht, 2005 stand die Donaumetropole Kopf. Eishockey war endgültig salonfähig geworden, der Sport mit seinen ständig wechselnden Protagonisten und Namen als Event gefeiert. Die Verantwortlichen träumten und planten, sie hatten Großes vor – mit Spielen in der Stadthalle, dem Bau einer eigenen Eishalle oder der Teilnahme an einer Europaliga –, doch stießen sie durchwegs mit ihren Ideen und Anregungen in der Liga auf Widerstand. Von der Stadtpolitik wurden sie mit leeren Versprechungen abgespeist, und nun haben die Klubvorstände Hans Schmid und Martin Platzer genug. Sie werden den Verein mit Saisonende verlassen, teilte eine gut informierte Quelle aus Kagran der „Presse“ mit. Damit sind die Vienna Capitals am Ende, sie verlieren schließlich ihre Finanziers. Wien droht wieder von der Eishockeylandkarte zu verschwinden.

Martin Platzer reagierte auf „Presse“-Anfrage vorerst verdutzt und zurückhaltend. Dennoch bestätigte er seinen Abgang: „Ja, es stimmt. Eishockey ist ein Teil meines Lebens, aber jetzt ist es genug. Wir haben den Glauben verloren, dass sich Österreichs Eishockey verbessert, ich glaube nicht mehr, dass es Sinn macht, weiter zu investieren. Also hören wir auf.“ Die Unlust wurde stärker als die Lust.

„Abschiedsbrief“ von Schmid

Schon im vergangenen Dezember hatten sich die Vorzeichen verdichtet, dass ein Rückzug nicht ausgeschlossen ist. Hans Schmid blieb aus „Überzeugung“ einer Präsidentensitzung fern, schickte dafür Klubmanager Thomas Kornhoff, der einen Brief (siehe Faksimile) vorlesen musste. Es glich einer Abrechnung, vor allem sollen die Zwistigkeiten mit dem Verband, fehlende Ligasponsoren und die weltweit einzigartige Punkteregelung (jeder Spieler ist eine gewisse Anzahl wert, jeder Klub darf 60 Punkte verbrauchen) Schmid aufgerieben haben. Der Gastronom wolle sich dazu gegenüber der „Presse“ nicht äußern. Er werde seine Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt, „zur richtigen Zeit“, bekannt geben.

Keine Drohung, sondern Fakt

Es ist tatsächlich der Zeitpunkt, der Branchen-Insider irritiert. Mitten in der Saison, kurz vor Beginn der Play-offs, erfahren Spieler und Fans, dass es womöglich in der kommenden Spieldauer keinen Verein mehr geben wird, sollte sich kein neuer Finanzier finden. Auch klingt es nach einer Trotzreaktion, nachdem Bürgermeister Michael Häupl vom Hallen-Projekt abgerückt war.

Ist es der plumpe Versuch, mit einer kindlichen Drohung doch eine Wende einzuleiten und ein neues Eigenheim zu erhalten? Der Kärntner Martin Platzer verneint vehement, das wäre nicht seine Art. „Wir wollen demjenigen, der die Capitals vielleicht weiterführt, eine Chance geben. Es ist eine Trademark, der Klub hat seinen Wert (Anm.: kolportiert werden 1,6Mio. €)! Wenn aber eine Übergabe misslingt, steht einer rechtzeitigen Auflösung nichts mehr im Wege.“ Bis Saisonende laufe alles weiter wie gewohnt, Platzer nennt es „Business as usual“. Danach sei Schluss.

Eishockey ist teuer

Eishockey ist teuer, eine Spieldauer verschlingt mit Spielerverträgen, Autos, Wohnungen, Hallen-Miete, Reisespesen etc. über drei Millionen Euro. Eine „Billig-Version“, sprich ein Team ohne schlagkräftige Spieler, ist in Wien undenkbar. Ohne Siege bleiben die Fans aus, das erlebte der WEV, als er im Jahr 2000 Konkurs anmelden musste. Die Eishalle war in dieser Saison gähnend leer.

Hans Schmid soll im Lauf der Jahre über 1,5 Millionen Euro in den Verein gepumpt haben. Geld, das aus seiner Privatschatulle stammte. Dazu trieb er Sponsoren wie UPC, Almdudler, Kelly's oder Steffl auf. Platzer zog im Hintergrund die Fäden und soll auch einen sechsstelligen Betrag in die Capitals investiert haben.

Wie aber geht es in Wien weiter? Was passiert mit den Spielern? Wie reagiert die Liga? – Ein Spielbetrieb ohne Wien ist schließlich wie eine Suppe ohne Salz. Überlegen es sich Schmid und Platzer vielleicht doch noch einmal? Oder wartet bereits ein neuer starker Mann mit dickem Geldkoffer hinter dem Donauzentrum?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2009)

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