Vettori: „Unser Erfolg ist nicht selbstverständlich“

Ernst Vettori
Ernst VettoriAPA/EXPA/JFK
  • Drucken

Vierschanzentournee. Die Zimmerkollegen Stefan Kraft und Michael Hayböck dominierten die 63. Auflage dieses Schanzenklassikers. Beide profitierten vom ÖSV-System und dem Know-how der Trainer, erzählt ÖSV-Direktor Ernst Vettori.

Bischofshofen. Es roch nach Glühwein, dazu mischten sich die Aromen von Schnaps und Grillwurst, und es schien, als hinge eine Duftwolke über dem hell erleuchteten Areal der Ausserleitner-Schanze in Bischofshofen. Dazu tönten Ratschen, das Fahnenmeer war nicht zu übersehen, die Menge nicht zu überhören. Es war angerichtet für den siebenten Sieg eines Österreichers in Serie bei der Vierschanzentournee.

Über 20.000 Zuseher waren gekommen, um die finalen Sprünge der ÖSV-Aufsteiger Stefan Kraft, 21, und Michael Hayböck, 22, in Bischofshofen zu verfolgen. Und es war Skisprunggeschichte, die geschrieben wurde: Nach Wolfgang Loitzl (2009), Andreas Kofler (2010), Thomas Morgenstern (2011), Gregor Schlierenzauer (2012, 2013) und Thomas Diethart im Vorjahr triumphierte mit Stefan Kraft erneut ein ÖSV-Adler. Es ist der 16. Gesamtsieg eines Österreichers. So sehr aber der Champion strahlte – es ist letztlich der Erfolg des Systems hinter den Kulissen, das seit 2009 für Aufsehen sorgt.

Startschuss als Kind, im Klub

„Kraft und Hayböck, die beiden sind eine so tolle Tournee gesprungen“, sagte ÖSV-Direktor Ernst Vettori und wirkte etwas verlegen. Er selbst gewann die Tournee zweimal, war Weltmeister und Olympiasieger, nun aber musste er als Chef der Skispringer erklären, warum die Seinen just bei der Tournee auf- und davonspringen. Und der Tiroler dachte lang nach. „In Wahrheit fehlen mir die Worte“, sagte er, dabei sei das „Geheimnis“ so leicht erklärbar. Vettori holte tief Luft: Nachdem sechs verschiedene Athleten gewonnen hätten, sei es nicht nur Leistung des Einzelnen. „Vereine, Skischulen, Landesverbände, Stams, Team, Trainer – da hat jeder Anteil daran. Allen voran der Athlet selbst, keine Frage.“

Der Startschuss erfolge zumeist in Klubs, im Kindesalter. Der weiterführende Weg mit Nachwuchskader, Stams und Team sei deutlich. Es erklärt trotzdem nicht diese Serie. Selbst als Dritter sei man doch eine gute Tournee gesprungen, rätselt Vettori, ein Podestplatz sei doch nicht schlecht. Dass sich die Erwartungshaltung ändert und die Öffentlichkeit Tages- und Gesamtsiege wohl inflationär betrachte, wollte der Tiroler nicht beurteilen. Für Österreichs Skiverband sei die Tournee „einer der wichtigsten Bewerbe“ jeder Saison.

Vieles begünstige bei den Adlern stets auch den Lauf: Tiefs anderer, Pech (Sturz von Ammann), fehlende Konstanz (Prevc) oder Ruhe (Deutschland). „Unser Erfolg ist traumhaft“, sagt Vettori, „aber eben nicht selbstverständlich.“

„Skispringen unplugged“

Mit der Installierung von Heinz Kuttin als Cheftrainer ist Vettori – seit März 2010 im Amt – jedenfalls ein Glücksgriff gelungen. Er sei ein „super Typ, ein akribischer Arbeiter und Teamplayer, der vor nichts und niemandem Angst hat“. Sein Wissen, das er sich als Chef in Polen oder als Thomas Morgensterns Stützpunkttrainer in Villach aneignen konnte, spiele in das System hinein. Er forciere jeden Athleten, betont Vettori, er beschreite andere Wege. Etwa mit Fahrten im Kleinbus statt im Luxusliner, neuem Hotel, anderer Logistik, Videostudium und Material – Kuttin nannte es zu Saisonbeginn „Skispringen unplugged“.

Der Kaltstart mit Platz acht im Teambewerb von Klingenthal – das schlechteste Resultat in der ÖSV-Historie – blieb dennoch in Erinnerung. Als Alarm, Ordnungsruf und „Augenblick, uns alle auf eine Mission einzuschwören“, sagt Vettori, dem damals zwar mulmig wurde, der jedoch letztlich nie an Kuttins Arbeit Zweifel aufkommen ließ. „Man hat ja das Springen nicht verlernt oder den ganzen Laden umgekrempelt“, sagt er. Kuttins Werk wurde nun mit dem siebenten Tourneesieg in Serie ausgezeichnet, für Vettori aber ist es noch lang nicht das Ende der Anfahrtsspur. Im Gegenteil: „Es tut mir für die anderen Nationen wirklich sehr leid, aber wir werden an unserem System nichts ändern . . .“

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.