Ski alpin: Einer Tragödie nur knapp entronnen

Gefahr Slalom: Hirscher entging Dienstagabend nur knapp einer Katastrophe.
Gefahr Slalom: Hirscher entging Dienstagabend nur knapp einer Katastrophe.(c) APA/AFP/OLIVIER MORIN (OLIVIER MORIN)
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Eine herabstürzende TV-Drohne verfehlte Marcel Hirscher, 26, um knapp einen Meter, der Salzburger zeigte sich betroffen und erbost: „Das ist eine Schweinerei.“

Dass der Skirennsport Gefahren birgt, ist hinlänglich bekannt. Für gewöhnlich lauern sie bei schnellen Kurven oder weiten Sprüngen, in der Regel gehen sie aber nicht von Flugobjekten aus. Beim Nachtslalom in Madonna di Campiglio entging Marcel Hirscher nur knapp einer Katastrophe, als während seines Laufs im zweiten Durchgang unmittelbar hinter ihm eine TV-Drohne auf die Piste krachte und in ihre Einzelteile zersprang. Der Salzburger blieb unverletzt, fuhr das Rennen zu Ende und wurde hinter dem Norweger Henrik Kristoffersen Zweiter. Das Sportliche rückte alsbald in den Hintergrund. „Ich habe mein Weihnachtsgeschenk heuer schon früher erhalten“, so Hirscher.

Der Drohnenabsturz sorgte für Fassungslosigkeit im Zielraum, nicht nur bei Hirscher. Niemand wollte sich ernsthaft ausmalen, was passieren hätte können, wäre das Gerät auf den Skistar gestürzt. „Man darf gar nicht nachdenken. Bei einem Gewicht von zehn Kilo, das aus 20 Metern herunterfällt. Es wäre sicherlich eine sehr ernsthafte, schwere Verletzung gewesen“, sagte Hirscher, der im italienischen TV noch deutlichere Worte fand. „Wenn ich das jetzt im Fernsehen sehe, ist das eine Schweinerei, einfach schrecklich! So etwas darf nie wieder passieren.“
Der Gesamtweltcup-Führende hatte letztlich schlicht großes Glück. „Ich habe schon des Öfteren Danke gesagt. Wer auch immer auf mich aufgepasst hat, aber es ist aufgepasst worden.“

Rasche Aufklärung gefordert

Der Weltcup-Tross befindet sich nach dem Vorfall in Aufruhr, kaum jemand war zu beruhigen. „Es geht nicht, Menschen in Gefahr zu bringen“, tobte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel. Markus Waldner, der Herren-Renndirektor des Internationalen Skiverbands (FIS), gestand offen ein: „Wir sind nur ganz knapp einer Katastrophe entgangen.“ In den kommenden Tagen gilt es, genaue Ursachenforschung zu betreiben. „Es werden detaillierte technische Analysen durchgeführt und sobald wie möglich weitere Informationen bekannt gegeben“, hieß es in einer kurzen Mitteilung von TV-Rechteinhaber Infront, der sich für den „unglücklichen Zwischenfall“ bei Hirscher und FIS entschuldigte.

Auch die FIS versprach eine rasche Aufklärung. „Selbst wenn – anders als in Österreich, der Schweiz und anderen Ländern – Drohnen in Italien bei Events über Menschenmengen fliegen dürfen, werden die FIS und der Host-Broadcaster mit allen beteiligten Parteien zusammenarbeiten, um herauszufinden, was während des Absturzes passiert ist, um sicherzustellen, dass so etwas nicht noch einmal passiert“, verlautbarte der Weltverband in einer Aussendung.

Die Gefahr von oben

Es ist nicht der erste gefährliche Zwischenfall mit einer Drohne bei einem Sportereignis. Im April 2014 etwa wurde eine Triathletin in der westaustralischen Stadt Geraldton während ihres Laufs von einer abstürzenden Kameradrohne am Kopf getroffen. Sie ging blutüberströmt zu Boden, ihre Wunde musste mit mehreren Stichen genäht werden. Erst im September krachte bei den Tennis-US-Open eine Drohne auf eine Betontreppe zwischen leeren Zuschauerreihen.

Im Skizirkus sind Drohnen vorerst Geschichte. „Es gibt viele coole Sachen, die momentan modern sind. Aber man muss auch die Sicherheit gewährleisten können“, befand Hirscher, der sich nach der Aufregung der vergangenen Tage – am Sonntag wurden seine Riesentorlauf-Ski gestohlen – auf besinnliche Tage in der Heimat freut. „Auf die Ruhe freue ich mich sehr. Das alles war jetzt schon am Limit.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2015)

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