Hirschers goldener Griff und eine Kampfansage aus Frankreich

(c) GEPA pictures / Andreas Pranter
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Alexis Pinturault präsentiert sich bereits beim Saisonauftakt in Top-Form und gewinnt in Sölden. Marcel Hirscher wird Zweiter und ist "brutal erleichtert".

Sölden/Wien. Bis zuletzt hatte Marcel Hirscher über Probleme und Rückstand im Training geklagt. Erst vergangenen Freitag hatte er mit dem Rückgriff auf alte Vorjahres-Skischuhe wieder in die Spur gefunden. Nun, am ersten Renntag der neuen Weltcupsaison, war nur Alexis Pinturault außer Reichweite. Der Franzose gewann vor 16.000 Zuschauern den Riesentorlauf von Sölden, Hirscher landete mit dem Respektabstand von 70 Hundertstel auf Platz zwei, Felix Neureuther (GER) wurde Dritter.

„In Österreich zu gewinnen, macht viel Spaß“, meinte Pinturault. Der 25-Jährige aus Courchevel hatte bereits die zweite Hälfte der vergangenen Saison beherrscht und nichts von seiner Dominanz eingebüßt. Trotz schlechter Sicht fuhr er fehlerlos mit zweimaliger Laufbestzeit zu seinem 16. Weltcupsieg, dem siebenten im Riesentorlauf.

Österreicher enttäuschen

„Alexis ist derzeit eine Liga drüber“, konstatierte der zweitplatzierte Hirscher. „Trotzdem, es war ein geiler Tag.“ Dem Salzburger war die Erleichterung deutlich anzusehen. „Die Verunsicherung war brutal. Alle waren wir sehr nervös. Das jetzt ist ein komplett anderes Bild als im Training.“ Vor einer Woche habe es nämlich gar nicht gut ausgesehen. „Und das ist kein Schmäh“, meinte Hirscher. Erst am Freitag habe er jene Materialabstimmung gefunden, die ihn nun auf das Podest geführt hat. Der Griff zum alten Schuh stellte sich als goldrichtig heraus. Trainer Michael Pircher zufolge war es nicht nur der Schuh. „Es ist am Materialsektor wieder was gefunden worden, das uns zu alter Stärke zurückgeführt hat“, erklärte der Coach. „Im letzten Moment kratzen wir immer noch die Kurve.“

Im zweiten Durchgang sorgte Hirscher dann auch noch für eine Schrecksekunde bei seinem Team. In der Steilhangeinfahrt saß er bereits auf dem Hosenboden („Hoppala“) und rettete sich mit einer artistischen Aktion vor dem Ausfall. „Der Weg bis zum zweiten Platz war ein spannender“, meinte der 27-Jährige. In der Entscheidung hätte er Pinturault wohl auch ohne Missgeschick nicht gefährden können. Dennoch: „Ich bin dann schon grantig gewesen und habe noch einiges gutmachen können.“

Hirscher war der einzige Österreicher in den Top Ten. Der Vorjahres-Sechste Roland Leitinger war erneut zweitbester ÖSV-Fahrer, diesmal aber nur als 20. „Das ist eben nicht immer ein Wunschkonzert“, meinte er. Philipp Schörghofer kam gar über Rang 22 nicht hinaus. „Es hat nichts zusammengepasst. Der Schnee war super, aber nicht das, was wir trainiert haben“, ärgerte sich der Salzburger.

Sölden-Rekordsieger Ted Ligety (2011, 2012, 2013, 2015) aus den USA war nach neunmonatiger Verletzungspause (Kreuzbandriss) mit Rang fünf mehr als zufrieden.

„Alexis muss Fehler machen“

Das Podest mit Pinturault, Hirscher und Neureuther („Ich bin megazufrieden, bin ja nicht mehr der Allerjüngste“) war indes ein gewohntes Bild. Auch Hirscher meinte: „Es hat sich wenig geändert im Vergleich zum letzten Jahr, aber alles, was in den vergangenen Jahren war, das hilft dir heute am Start genau gar nichts. Das ist es, das es immer so spannend macht.“ Sieger Pinturault wollte seine Machtdemonstration aber nicht als erste Attacke im Kampf um den Gesamtweltcup sehen, das wäre verfrüht. „Aber es ist auf jeden Fall ein gutes Zeichen für den Rest der Saison“, erklärte der Franzose.

Hirscher will sich nun auf seinen Slalomschwung konzentrieren. „Am heutigen Tag muss Alexis Fehler machen, dass er schlagbar ist, also muss ich noch ein bisserl zulegen“, meinte der ÖSV-Star. Auch in Sachen Gesamtweltcup sagte er über Pinturault: „Er ist jetzt der Favorit.“ (joe)

RTL SÖLDEN

1. Alexis Pinturault (FRA) 2:14,01
2. Marcel Hirscher (AUT) +0,70 Sek.
3. Felix Neureuther (GER) +1,37

Weiters: 4. Žan Kranjec (SLO) +1,44 5. Ted Ligety (USA) +1,65 6. Thomas Fanara (FRA) +1,67 7. Justin Murisier (SUI) +1,78 8. Henrik Kristoffersen (NOR) +1,92 9. Mathieu Faivre (FRA) +01,93 10. Luca de Aliprandini (ITA) +2,12 20. Roland Leitinger (AUT) +2,51 22. Philipp Schörghofer (AUT) +2,60 28. Christoph Nösig (AUT) +3,53.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2016)

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