Skirennen zu Thanksgiving an der US-Ostküste

Mikaela Shiffrin darf unweit ihrer Heimat in Killington auf die Jagd nach Hundertselsekunden gehen.
Mikaela Shiffrin darf unweit ihrer Heimat in Killington auf die Jagd nach Hundertselsekunden gehen.(c) REUTERS (LEHTIKUVA)
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Killington, ein 800-Einwohner-Ort im US-Bundesstaat Vermont, feiert seine Weltcuppremiere mit zwei Damenrennen. Der Grazer Herwig Demschar zieht als OK-Chef die Fäden.

Killington/Wien. Herwig Demschar, 54, ist dieser Tage für seine Begriffe unerklärlich nervös. Der Grazer ist schon seit „gefühlten Ewigkeiten“ im Skizirkus und der Sportbranche unterwegs, war Konditions-, Damen- und Herrentrainer in Österreich und den USA. Er hat mitgeholfen, dass die Winterspiele in Salt Lake City 2002, Turin 2006 und Vancouver 2010 gelingen, Pisten passen und die nötige Logistik nicht versagt. Doch nun steigt am Wochenende die Premiere des Skiweltcups in Killington, Vermont. Und Demschar, der für den Organisator, die in Park City ansässige Powdr Group, den Pisten- und OK-Chef mimt, ist durchgehend unterwegs. „Piste schauen, Meeting dort, Diskussion da – ich weiß nicht, wo ich jetzt gerade bin.“

Vor fünf Jahren sei die Idee entstanden, verrät Demschar der „Presse“, an der Ostküste Amerikas mit Skirennen reüssieren zu wollen. „Amerikaner sind sportbegeistert“, sagt der Österreicher, doch man müsse sie verstehen. Während sie im Westen, Beaver Creek, Vail oder anderen Nobelskiorten lieber unter sich bleiben und selbst Ski fahren gehen, wäre es hier an der Ostküste anders. Hier schaue und fahre man. Es gebe Hunderte Klubs, Demschar sagt „Academies“, Mikaela Shiffrin komme aus der Gegend. Hier liebe man die Boston Red Sox, die Celtics oder auch die Footballer der Patriots – und eben die Skier.

Geld und Industrie

Natürlich, jede Sportart lebe von Zugpferden. Egal ob sie nun Street, Miller, Vonn oder Shiffrin heißen, Hauptsache, man habe sie. Und nun wird das erste Skirennen im US-Bundesstaat Vermont seit 1978 Wirklichkeit. „Wir zeigen den Jugendlichen, wie Skirennen wirklich sind, wie sie funktionieren“, sagt Demschar und lobt drei Säulen aus, auf denen dieses Projekt fundiert: „Sport, die Vereine – und die Industrie.“ Im Osten sei der Markt nicht übersättigt, es gebe genug finanzstarke Interessenten im Großraum von Boston oder DC. Das könne er belegen: Die Rennen waren binnen sechs Stunden im Onlineverkauf „Sold out“. Tickets kosteten ab 75 Dollar aufwärts, Demschar erwartet über 5000 Menschen entlang der Pisten und auf den Tribünen.

Dass die Technikrennen der Damen just am Thanksgiving-Wochenende stattfinden, ist für Europäer ein Indiz, dass Planungsfehler vorlägen. Dann zählen in Amerika doch nur Truthahn und Profi-Football. Doch Demschar winkt ab, das passe schon, obwohl er von einem Kaltstart für das „Beast of the East“ spricht. Die Schneesituation sei sehr gut, also genug Zulauf im Privatbereich unterwegs, für den Rennzirkus sowieso. Auch TV-Sender hätten sich angekündigt, der Medienandrang sei groß. Damit tunlichst nichts passiert, im Sinn von Regen, Erwärmung oder sonstigen Problemen, stünden sogar 120 Schneekanonen parat. Die Rennpiste "Superstar" ist das Schmuckstück der Region.

In Amerika erlebt Demschar die Verwirklichung des Skifahrens. Als er 1994, „nach dem Unfall von Ulli Maier“, in die USA übersiedelte, wähnte er sich in einer Art von Kulturschock gefangen. Aber nicht in dem der Amerikaner, sondern dem rot-weiß-roten. Manche waren in ihrem Tun in unselbstständigen Hierarchien erstarrt, in den USA aber lebte jede Fahrerin ihre Interessen, ihr Können aus.
Für seine Firma tingelt er durch das Land, hat zig Pisten gesichtet, Meetings gehalten, Schneekanonen angeworfen. „In dieser Saison ist auch das Weltcupfinale in den USA, es findet in Aspen statt“, sagt Demschar. Er werde dort sein, Freunde und alte Wegbegleiter treffen. Und stolz vom Weltcup in Killington berichten. Einem knapp über 800 Einwohner zählendem Nest mitten in Vermont.

Damenweltcup in Killington

Samstag: RTL (15.25/18.25). Live ORF eins.
Sonntag: Slalom (16/18.30). Live ORF eins.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2016)

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