Streifzüge eines Spezialisten

Dominik Paris auf dem schnellsten Wege ins Ziel der Kitzbühel-Abfahrt. Der Südtiroler gewann zum zweiten Mal nach 2013.
Dominik Paris auf dem schnellsten Wege ins Ziel der Kitzbühel-Abfahrt. Der Südtiroler gewann zum zweiten Mal nach 2013. (c) GEPA pictures / Harald Steiner
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Die Skiwelt verneigt sich vor dem Südtiroler Dominik Paris. Der 27-Jährige gewann zum zweiten Mal nach 2013 die Abfahrt in Kitzbühel, Österreichs Asse enttäuschten.

Dominik Paris hat am Samstag zum zweiten Mal in seiner Karriere die Abfahrt in Kitzbühel gewonnen. Der Italiener siegte vor den beiden Franzosen Valentin Giraud Moine (+0,21 Sekunden) und Johan Clarey (+0,33 Sekunden). Österreichs Speed-Asse landeten im Feld der Geschlagenen. Bester war Super-G-Sieger Matthias Mayer als Achter (+0,75), unmittelbar vor Hannes Reichelt (+0,82).

In Kitzbühel bot sich bei prächtigem Wetter das erwartete Spektakel – behaftet mit nostalgischem Flair, denn auf den Tag genau vor 50 Jahren, am 21. Jänner 1967, wurde zum ersten Mal am Hahnenkamm ein Weltcuprennen gefahren. Innerhalb von 24 Stunden hatte der Franzose Jean-Claude Killy Abfahrt und Slalom gewonnen, gegenwärtig ein undenkbares Szenario. Damals nicht einmal eine kühne Vision, sind die Hahnenkamm-Rennen heute berühmter und beliebter denn je, sie sind längst legendär. Und unter den Athleten ist man sich einig: Nur wer einmal auf der Streif gewonnen hat, der darf sich zu den Allergrößten dieses Sports zählen. Ein Sieg hier in Kitzbühel ist vergleichbar mit Gold bei Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften.

Erstmals seit 2013 wurde die Streif wieder in ihrer vollen Länge befahren. 3312Meter, die ausnahmslos beanspruchen, von der Mausefalle bis zum Zielsprung. Wer hier gesund abschwingt, hat zumindest das Rennen gegen den Berg gewonnen – ein nicht zu missachtender Erfolg. Schwere Stürze mit schlimmen Folgen blieben dieses Jahr zur Erleichterung aller aus. Das hatte mehrere Gründe: etwas adaptierte Streckenführung, eine doch ruhigere Piste und praktisch perfekte Sichtverhältnisse aufgrund von Sonnenschein und blauem Himmel. Im Vorjahr wurde das Rennen nach 30Läufern offiziell wegen schlechter Bodensicht abgebrochen – auch, um die später startenden, weitaus weniger routinierten und jungen Läufer zu schützen. Zuvor landeten mit Aksel Lund Svindal, Hannes Reichelt und Georg Streitberger gleich drei Topläufer nach der Hausbergkante im Krankenhaus. Mancher sprach anschließend von einem Skandalrennen.


Mut zum Risiko. Am Samstag wurde es im Zielraum nur einmal gespenstisch still. Ein Abflug des Schweizers Beat Feuz bereitete Sorgen, dem Routinier wurde auf dem Weg zur Zwischenbestzeit die Traverse zum Verhängnis. Er blieb unverletzt, „aber wackelige Knie habe ich schon noch“, sagte Feuz rund eine halbe Stunde später. Er hatte alles riskiert – und verloren. „Aber wenn du nicht riskierst, kannst du auch nicht gewinnen.“ Neben Feuz warf die Streif mit dem Kärntner Max Franz einen weiteren Mitfavoriten ab. Der Gröden-Sieger verlor schon im oberen Teil der Strecke bei einem Schlag den rechten Ski, ein Ärgernis. „Die Bindung sollte im Notfall aufgehen, aber das war kein Notfall. Es ist brutal schade.“

Kitzbühel, das ist auch ein Hotspot der Schönen und Reichen. Die VIP-Tribüne im Zielraum war jedenfalls bestens gefüllt, Granden wie Arnold Schwarzenegger oder Bernie Ecclestone gehören an diesem Jännerwochenende längst zu den Stammgästen. Sie verleihen dem Event Glamour und Glanz, verbinden Sport mit Society und sind letztlich nichts anderes als Werbeträger für das wichtigste und spektakulärste Skirennen der Welt. Für Schwarzenegger ist es gar „das schönste Wochenende überhaupt“. Für ihn steht fest: Weißwurstparty und Streif sind unschlagbare Kombination.

Egal, ob Schwarzenegger oder Bundeskanzler Christian Kern, sie alle applaudierten Dominik Paris, der für diesen Sieg 74.000 Euro Preisgeld entgegennahm. Das Kraftpaket aus Meran, er bringt 105 Kilogramm auf die Waage, gewann zum dritten Mal in Kitzbühel. 2013 hatte er die Abfahrt, 2015 den Super-G für sich entschieden – nun also das Triple. Dabei war Paris in den beiden bisherigen Saisonabfahrten nicht im Spitzenfeld gelandet, in der Gamsstadt aber fühlte er sich wieder zu Höherem berufen. „Es ist das schönste Rennen, das wir haben. In Kitzbühel habe ich einfach wirklich immer ein gutes Gefühl.“

Kjetil Jansrud, der bislang dominierende Speedpilot in diesem Winter, hat in dieser Woche das gute Gefühl nicht gefunden. Der schweren Enttäuschung im Super-G (Platz neun) folgte das Debakel in der Abfahrt – Rang 36. Eine Goldene Gams (Abfahrt 2015) nennt er glücklicherweise schon sein Eigen.


Hoffen auf die Hirscher-Show. Heute (10.30/13.30 Uhr, live in ORF eins) findet die Hahnenkammwoche mit dem Slalom ihren Abschluss, Österreichs Skifans hoffen auf schnelle Schwünge von Marcel Hirscher. Der einzige Kitzbühel-Sieg des Salzburgers datiert aus dem Jahr 2013, zuletzt hat Hirscher in Wengen den Abstand gegenüber Slalomdominator Henrik Kristoffersen deutlich reduziert. Hoffnungen auf einen Sieg macht er sich aber kaum. „Wenn man genauer hinschaut, merkt man, dass sich Henrik mit uns spielt. Wo alle anderen riskieren, kann er dosieren. Er bleibt der Topfavorit.“ ?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2017)

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