Weltmeister statt Pensionist

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Biathlon-WM. Die Königsdisziplin bringt einen Sensationssieger, die Szene staunt über den US-Amerikaner Lowell Bailey, der in der Hitzeschlacht von Hochfilzen Martin Fourcade entthronte.

Hochfilzen/Wien. Gold statt Ruhestand, Siegesfeier statt Bisonfarm. Lowell Bailey lieferte die Sensation der Biathlon-WM, der 35-Jährige aus Lake Placid lief im Einzel über 20 Kilometer, der Königsdisziplin der Skijäger, zu einer historischen Goldmedaille. Zum ersten Mal erklomm ein Amerikaner das oberste Stockerl bei einer WM (und im Weltcup), dahinter schnappte der Tscheche Ondřej Moravec dem großen Martin Fourcade auch die Silbermedaille weg.

„Unglaublich. Ein perfekter Tag, der beste meiner Karriere“, jubelte Bailey. „Jeder Teil meines Rennens hat zusammengepasst. Ich bin froh, dass ich nicht aufgehört habe.“ Im vergangenen Sommer wollte er Gewehr und Langlaufskier schon an den Nagel hängen und Bisons züchten, wie der viertplatzierte Deutsche Erik Lesser erzählte. Bailey ließ sich doch noch zum Weitermachen überreden, wohl bis zu Olympia 2018, qualifiziert ist er schon. In dieser Saison stand er so oft wie nie in seinen über zehn Weltcupjahren im Rampenlicht, nicht aber wegen seiner Resultate (einmal Top Ten), sondern als Athletensprecher während des Dopingskandals um die russischen Skijäger.

49 Mal ins Schwarze

Bevor ihm in Hochfilzen bei Kaiserwetter und frühlingshaften Temperaturen mit Startnummer 100 und 20 getroffenen Scheiben der große Gold-Coup gelang, hatte er in der Verfolgung mit einer schwachen Schlussrunde eine Medaille vergeben, wurde nur Vierter.

Nun rettete Bailey 3,3 Sekunden Vorsprung auf den ebenfalls am Schießstand makellos gebliebenen Moravec ins Ziel. „Die Schlussrunde ist mir wie 40, nicht wie vier Kilometer vorgekommen.“ Auch dank seines oberösterreichischen Schießberaters, Gerold Sattlecker, hat der Meisterschütze nach drei WM-Bewerben 49 von 50 Scheiben getroffen – und eine eindrucksvolle Serie beendet: Seit 2013 gingen drei Goldmedaillen im WM-Einzel an Martin Fourcade, 2014 gab es keine Titelkämpfe, da holte der Franzose allerdings Olympia-Gold in seiner erklärten Lieblingsdisziplin. Nun wurde der 28-Jährige entthront. „Zwei Fehler sind zu viel für den Sieg“, meinte Fourcade, Laufbestzeit brachte ihm am Ende noch Bronze. Schon nach Verfolgungsgold hatte er erklärt, sein Fokus liege nun auf der Staffel am Samstag, er wolle auch einmal mit seinem Teamkollegen WM-Gold teilen.

Fourcades Patzer am Schießstand konnte auch Moravec, 32, nutzen, ein erprobter WM-Teilnehmer mit fünf Medaillen, dennoch ein Außenseiter und nun ein weiterer Beweis für die viel zitierte Leistungsdichte im Biathlon.

Die Österreicher zeigten hingegen die gewohnten Schwächen am Schießstand. Schnellschütze Simon Eder (Zwischenbestzeit nach dem ersten Schießen) verpasste zwei Scheiben, wurde Zwölfter und damit bester Österreicher. Julian Eberhard vergab das Rennen schon beim ersten Liegendschießen, dank zweitbester Laufzeit blieb mit drei Fehlern am Ende immerhin Rang 14. Gleich dahinter landete Oldie Daniel Mesotitsch (ein Fehler), Dominik Landertinger (drei Fehler) wurde 26.

Staffelgold liegt bereit

In Hochfilzen geht es an den letzten drei Wettkampftagen nun Schlag auf Schlag. Heute folgt die Damenstaffel (4 x 6 km, 14.45 Uhr, live ORF eins). Gold scheint bereits für Deutschland reserviert, Laura Dahlmeier und Co. haben in diesem Winter alle Rennen gewonnen. Für das österreichische Quartett (Dunja Zdouc, Julia Schwaiger, Christina Rieder, Lisa Theresa Hauser) ist ein Top-Ten-Ergebnis das Ziel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2017)

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