Nordische WM: Die Irrwege des Weltmeisters

NORDIC SKIING - FIS WC Lahti 2017
NORDIC SKIING - FIS WC Lahti 2017(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Ch. Kelemen)
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Kombinierer Bernhard Gruber krönte sich 2015 zum Weltmeister. Gold in Lahti will er nicht ausschließen, doch sucht er Form und Zuversicht. „Ich habe mich zu oft verlaufen.“

Lahti. Bernhard Gruber lacht, aufgeregt erzählt er von Erlebnissen mit seinem Sohn, Benjamin. Der Salzburger, 34, zeigt Fotos, er wirkt entspannt. Die vergangenen zwei Jahre nach seinem WM-Sieg in Falun seien so schnell vergangen, Hochzeit mit Margret, Geburt, Eigenheim in Bad Hofgastein, aus Gruber sprudeln nur Familiengeschichten. Dass sein Triumph in Vergessenheit geraten ist, will der einzige ÖSV-Titelverteidiger bei der Nordischen WM in Lahti aber nicht hören. Diese zwei Jahre waren nicht nur schön, sie waren turbulent – der Erfolg ist ausgeblieben.

Seit knapp einem Jahr ist der Team-Olympiasieger (2010) und Großschanzenweltmeister (2015) sieglos. Gruber sagt, „es ist halt nicht so gut gelaufen“, der siebente Weltcupsieg wollte einfach nicht gelingen. Er kenne aber den Grund, wenngleich diese Ausführung eher irritierte, denn Klarheit lieferte in einer Sportart, die in dieser Saison von den Deutschen Erik Frenzl und Johannes Rydzek nach Belieben dominiert wird. Gruber sagt, er habe sich „verlaufen“.

Schlechte Springer chancenlos

Der Salzburger wählte freilich keine falsche Abzweigung in der Loipe, sondern griff in Materialfragen total daneben. In diesem „dichten Feld“ könne man sich aber keine Fehler erlauben. Zudem war er zweimal verkühlt und habe diesen Umstand zu lang übersehen. Die „Retourwatschen“ folgte prompt: Kraft und Ausdauer stimmten nicht mehr mit dem Verlangen überein.

Die nordische Kombination, trotz unterschiedlicher Bewerbe eindeutig im Hintertreffen mit Langläufern und Skispringern, habe sich gewandelt. Gute Springer, sagt Gruber, hätten gelernt, in der Loipe nicht unterzugehen, also ihre Technik verbessert. Schlechte Springer hätten jetzt überhaupt keine Chance mehr. Gruber beteuert, sich zu den guten Springern zu zählen und im Langlauf wirklich gebessert zu haben.

Der Reiz einer Heim-WM

Das erste Training auf der Salpausselkä-Schanze bestätigte seine Aussage: 100 Meter, Bestweite. Verschreien wollte er aber nichts, eine WM habe ja bekanntlich andere Gesetze. Zum Auftakt hebt heute der Normalschanzenbewerb (9.30/ 12.30, live ORF eins) an, neben dem Routinier starten David Pommer, Mario Seidl und Philipp Orter.

Gruber lacht. Dass man ihn mit 34 zum alten Eisen zähle, sei nicht schlimm. Nur, was solle man dann vom WM-Auftritt des Finnen Hannu Manninen halten? Der Finnair-Pilot und zweifache Familienvater tauchte im Jänner nach sechs Jahren Abwesenheit plötzlich wieder im Weltcup auf. Als 38-Jähriger will es der vierfache Weltcupgesamtsieger (48 Erfolge/Rekord) offenbar noch einmal wissen, Gruber imponiert es. „Sport ist seine Leidenschaft und eine WM daheim muss doch Anreiz für jeden sein!“

Dass Finnlands Verband ihn zwecks WM-Promotion aus der Reserve zurückbeorderte, ist kein Geheimnis. Der Ticketverkauf erhöhte sich drastisch, die Medaillenchance blieb jedoch gering. Manninen springt jetzt noch schlechter als früher. Wer aber hinter einem 38-Jährigen landet, der eben erst wieder die Skier angeschnallt hat, gerät noch mehr in Erklärungsnot. Sich verlaufen zu haben, ist dann nicht mehr glaubwürdig. Vor allem auch in Hinblick auf die WM 2019. Sie findet in Seefeld statt. Bernhard Gruber wäre dann 36.

ZUR PERSON

Bernhard Gruber,34, reist als amtierender Weltmeister von der Großschanze zur WM nach Lahti. Der Salzburger krönte sich zudem mit dem Team zweimal bei Titelkämpfen (2011) und einmal bei Olympia (2010). Im Weltcup feierte er bislang sechs Einzelsiege, der jüngste liegt allerdings fast ein Jahr zurück. [ APA ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2017)

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