Etikettenschwindel bei Olympiasouvenirs

(c) GEPA (Andreas Pranter)
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Streit um „authentisch indianische Produkte“ einen Monat vor Start der Spiele: Diese sind oft „made in China“. Der markante Stil der Kunst der Westküstenindianer schmückt viele Souvenirs.

Ottawa. Vornehm wirkt die graue Krawatte mit dem Emblem der kanadischen Westküstenindianer – Killerwal, Rabe und Donnervogel. Als „authentisch“ indianisches Produkt ist das Kleidungsstück deklariert, das zu den Souvenirs gehört, die während Olympia in Vancouver (ab 12. Februar) angeboten werden. Ein genauer Blick zeigt jedoch, dass zwar das Design aus Kanada stammt, hergestellt wurde die Krawatte aber in China. Der indianische Künstler Shain Jackson sieht darin eine Täuschung. „Ich bin verärgert und verletzt“, sagt Jackson, ein Salish-Indianer aus Sechelt. Er betreibt in Vancouver ein Geschäft, in dem Ureinwohnerkunst hergestellt und verkauft wird. Ihn stört, dass Souvenirs, die nicht von Indianern hergestellt wurden, als „authentisches Ureinwohnerprodukt“ vermarktet werden. „Die Öffentlichkeit wird in die Irre geführt“, sagt Jackson.

Medaillen: Indianisches Design

Der Verkauf von Kleidungsstücken und Souvenirs mit dem Olympialogo ist ein wichtiger Teil des olympischen Milliardengeschäfts. Die vier indianischen Völker, auf deren Gebiet die Winterspiele stattfinden – Lil'wat, Musqueam, Squamish und Tsleil-Waututh – sind als „Die vier gastgebenden Ersten Nationen“ anerkannt. Sie arbeiten mit dem Organisationskomitee Vanoc zusammen. Deshalb auch wurden die Olympiamedaillen von einer indianischen Künstlerin designt.

Der markante Stil der Kunst der Westküstenindianer schmückt viele Souvenirs. Produkte, die als „authentisch aboriginal“ gekennzeichnet sind, kommen zumeist aus Kanada. Allerdings wurden etwa Seidenschals mit indianischen Motiven in Italien gefertigt, eine Tragetasche in Vietnam und zahlreiche Anstecknadeln in China hergestellt. Ebenso wie die aus Lammwolle gestrickten Jackets, im Stil der Cowichan-Indianer gehalten.

Jackson allerdings denkt indianischer als die Führung der indianischen Nationen. Häuptling Tewanee Joseph hält es für legitim, die Produkte als „authentic aboriginal“ zu vermarkten, wenn sie entweder von Ureinwohnern gestaltet oder produziert werden. Das sei mit Vanoc so vereinbart. Er widerspricht Jackson, dass mit den in Übersee hergestellten Waren Käufer von echter indianischer Kunst abgezogen werden. „Ich glaube, dass wir so mehr Aufmerksamkeit auf indianische Künstler lenken.“

Auch Vanoc hält das für gerechtfertigt, ein Drittel der Lizenzgebühren aus der Ureinwohnerproduktlinie fließe in einen Fonds für junge Indianer, aus dem dann Bildungs-, Sport- und Kulturprojekte gefördert würden, sagt Dennis Kim, der für Lizenzvergabe und Merchandising zuständige Vanoc-Direktor.

Shain Jackson ist damit nicht zufrieden. Eine stärkere Beteiligung der Ureinwohner hätte Geld direkt in die Gemeinden gebracht. Vanoc und das IOC achten mit Argusaugen darauf, dass niemand die olympischen Ringe für Eigenwerbung benutzt. Gerade von solchen Organisationen, sagt Jackson, habe er mehr Sensibilität erwartet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2010)

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