Ein Medaillenset für die Geschichtsbücher

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Marcel Hirscher führte vor Michael Matt und Marco Schwarz den allerersten ÖSV-Dreifachsieg bei einer Ski-WM an. Mit seinem siebenten Gold stieg der Annaberger zum erfolgreichsten WM-Teilnehmer auf – aber wie lang fährt er noch?

Ganz Österreich hat auf Gold gehofft und zum Abschluss der Ski-Weltmeisterschaften in Åre gleich ein ganzes Medaillenset bekommen. Marcel Hirscher wurde im abschließenden Slalom seiner Favoritenrolle gerecht und verteidigte den Titel erfolgreich, mit Michael Matt (+0,65 Sek.) und Marco Schwarz (+0,76) fuhren gleich zwei weitere ÖSV-Läufer auf das Podest – es war dies der erste rot-weiß-rote Dreifachsieg in der WM-Geschichte.

„Ich fühle Dankbarkeit. Als ich hierhergekommen bin, war es nicht selbstverständlich, dass ich mitfahren kann“, erklärte Hirscher, der nach seiner Anreise am Mittwoch mit einer schweren Verkühlung zu kämpfen hatte. Für die großen Emotionen fehle ihm die Kraft, berichtete er, und bedankte sich bei seinem Team.

Die Fahrt auf Perfektion

Es war nach 2013 und 2017 Hirschers dritter Slalom-Sieg bei einer WM, das hat zuvor nur Ingemar Stenmark geschafft. „2013 habe ich müssen, damals wäre die Welt untergegangen, wenn ich versagt hätte. Jetzt habe ich dürfen“, betonte der 29-Jährige, dass dennoch Erleichterung überwog. „Den Druck kann man nicht wegreden. Ich bin froh, dass ich die Erwartungen erfüllen konnte.“

Der Annaberger bewahrte damit nicht nur Österreich vor der ersten WM ohne Gold seit Crans Montana 1987, sondern zog mit seinem siebenten WM-Titel (zwei mit der Mannschaft) mit Toni Sailer gleich. Dank viermal Silber (Sailer einmal) ist er sogar zum erfolgreichsten Teilnehmer der WM-Geschichte aufgestiegen. Mehr als Hirschers elf Stück Edelmetall kann außerdem nur noch der Norweger Kjetil André Aamodt (12) vorweisen. „Das ist für mich nie der Anreiz gewesen, sondern, so wie im ersten Durchgang zu performen“, sagte Hirscher. „Da habe ich eine richtige Freude gehabt.“

Ganz seinem Wunsch nach RTL-Silber entsprechend, hatte es in Åre über Nacht wieder unter den Gefrierpunkt abgekühlt, auf der dadurch etwas härter gewordenen Piste trumpfte er im von seinem Trainer, Mike Pircher, gesetzten ersten Lauf groß auf. Der Franzose Alexis Pinturault lag als Halbzeitzweiter bereits über eine halbe, das von Schwarz angeführte restliche Feld bereits mehr als eine Sekunde zurück. „Das ist sicher ein Lauf, den ich mir noch oft in meinem Leben anschauen werde“, sagte Hirscher und brachte damit auch andere regelrecht ins Schwärmen. „Das war meiner Meinung nach fast die beste Fahrt, die ich jemals gesehen habe von ihm. Er hat jeden Schwung getroffen, eine Fahrt auf Perfektion“, befand Manuel Feller, der Rang sechs belegte. Christian Hirschbühl komplettierte als Elfter das starke Teamresultat.

„Saucool, dass wir als Mannschaft so gut waren. Die beiden wären parat gewesen, wenn es mich rausgehaut hätte“, freute sich auch Hirscher. Matt fuhr vom vierten noch auf den zweiten Rang und bejubelte seine zweite Einzelmedaille bei einem Großereignis nach Olympia-Bronze im Vorjahr. „Silber war das Maximum. Ich habe nicht gedacht, dass es reicht, als ich im Ziel war.“ Auch Schwarz musste um seine zweite Bronzemedaille nach der Kombination zittern. „Vierter wollte ich nicht werden“, erklärte der Kärntner, der wie Matt in Åre auch Team-Silber gewonnen hat. „Ich bin ein bissel blau von zwei Wochen Durchfahren, aber vielleicht habe ich so auch nicht so viel Kraft gehabt zum Bremsen.“

Wahrscheinlichkeitsrechnung

Marcel Hirscher begleiteten zwei große Fragen zu diesen Titelkämpfen in Schweden. Die eine, nach Gold, hat er im Slalom eindrucksvoll beantwortet. Die andere, ob es womöglich die letzte WM seiner Karriere war, noch nicht. „Wahrscheinlich“, wollte sich der 29-Jährige nicht festlegen, betonte zugleich jedoch, dass er erst nach der Saison mit etwas Abstand entscheiden werde. Egal, ob schon nach dieser Saison oder doch erst später, sein Abschied wird im Skirennsport jedenfalls eine neue Zeitrechnung einläuten.

Hirscher flog noch am Abend zurück nach Hause, Verschnaufpause oder Zeit zum Feiern („Ich freue mich, wenn ich ins Bett komme“) aber lässt der Weltcupkalender dem alten und neuen Weltmeister keine. Schon am Dienstag wartet das City-Event in Stockholm. „Da will keiner außer vielleicht Ramon Zenhäusern hin, aber ich muss.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2019)

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