Schlierenzauer springt zu Silber

Skispringen Schlierenzauer nach WMDurchgang
Skispringen Schlierenzauer nach WMDurchgang(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Gregor Schlierenzauer hat bei der Nordischen Ski-WM in Predazzo Silber von der Normalschanze gewonnen. Gold ging an den Norweger Anders Bardal.

Skispringen ist immer eine Grenzerfahrung, selbst für erfahrene Athleten. Nicht jeder Sprung ist gleich, von unterschiedlichen Schanzen oder Wetterverhältnissen ganz zu schweigen. Daher ging Norwegens Cheftrainer Alexander Stöckl im Aufbautraining für diese WM-Saison komplett neue Wege. Entgegen der Gepflogenheiten, Springer im Sommertraining durch Wälder zu hetzen oder in die Kraftkammer zu sperren, verdonnerte er sie zum Fallschirmspringen. „Wer in 12.000 Metern keine kalten Füße bekommt“, sagt der 39-jährige Tiroler, „den kann auch bei der WM nichts aus der Ruhe bringen.“

In Predazzo wurde Stöckls Prognose nun Wirklichkeit. Auf den Punkt genau spielte Anders Bardal, 30, seine Form aus und gewann mit Sprüngen auf 103,5 und 100 Meter mit 4,2 Punkten Vorsprung auf Gregor Schlierenzauer (98/97,5) Gold von der Normalschanze. Über Bronze durfte sich der Slowene Peter Prevc freuen. Stöckl, seit zwei Jahren Cheftrainer in Norwegen, war begeistert. „Das ist für uns das i-Tüpfelchen.“ Nach der Tournee hatte er aber noch härtere Töne angeschlagen: „Es ist an der Zeit, dass die Dominanz der Österreicher zu Ende geht.“

Freude oder Zorn?

So sehr sich Schlierenzauer über Silber zu freuen versuchte, ein Hauch von Unzufriedenheit war dem 23-jährigen Tiroler dennoch anzumerken. Ob es das Ende der seit 2009 anhaltenden Siegesserie von der Normalschanze oder doch die Tatsache war, dass Cheftrainer Alexander Pointner vor seinen Sprüngen den Anlauf jeweils um gleich zwei Luken verkürzen ließ und damit wichtige Meter verspielte, wollte er nicht beantworten. Er sagt: „Es war ein schwieriger Bewerb. Diese Medaille glänzt schön.“

Der Weltcup-Rekordsieger erfüllte dennoch die hochgesetzten Erwartungen. Der Tiroler ist aktuell der einzige ÖSV-Springer, der bei dieser WM im Einzel um Medaillen springen kann. Das nächste Edelmetall dürfte bereits heute bei der Premiere des Mixed-Bewerbes folgen. Mit ihm heben Thomas Morgenstern, der mit Platz fünf (100/100,5 Meter) nach seiner 40-tägigen Auszeit ein äußerst beachtenswertes Comeback gab, Jacqueline Seifriedsberger sowie Chiara Hölzl ab.

Cheftrainer Pointner war eine extreme Anspannung anzumerken. Selten sah man den ÖSV-Betreuer so nachdenklich, nahezu verbissen. Dass er durch die Verkürzungen Schlierenzauer in Bedrängnis und um den Sieg gebracht habe, wies er entschieden zurück. „Für mich war klar, dass ich verkürze“, sagt Pointner, „man muss mit Silber zufrieden sein und am Boden bleiben.“ Dieser Aussage widersprach allerdings sein Landsmann Stöckl entschieden. „Ich hätte es nicht getan, ich hätte sicher nicht verkürzt.“ Angesichts der Windsituation, dem dichten Schneefall und dem daher dringenden Bedarf einer hohen Anfahrtsgeschwindigkeit sei es ein zu hohes Risiko gewesen. Geht es nach Stöckl, hat Pointner zu hoch gepokert. Dass er dieser Regel generell nichts abgewinnen kann, musste Stöckl nicht gesondert betonen.

2,3 Punkte fehlten. Während Morgenstern ernsthaft darüber sinnierte, ob er sich nun über Platz fünf freuen oder doch eher ärgern sollte, weil ihm 2,3 Punkte auf Bronze fehlten, waren Wolfgang Loitzl (17.), Manuel Fettner (20.) und Stefan Kraft (33.) längst stillschweigend im ÖSV-Container verschwunden. Bei ihnen hält das Rätselraten über ihre Formkrise munter an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.2.2013)

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