Caspar Bowden ist tot. Der frühere Microsoft-Manager warnte die Welt lange vor Edward Snowden vor der ausufernden Überwachung durch Regierungen und Industrie.
Wer Caspar Bowden treffen wollte, hatte es nicht immer leicht. Selbst im beschaulichen Alpbach blieb der Brite im Vorjahr zwischen seinen Auftritten lieber im Hintergrund. Der Treffpunkt zum „Presse“-Interview wurde nur vage vereinbart, ihn anzurufen war sinnlos. Bowden besaß längst kein Mobiltelefon mehr. Unpraktisch, das stimmt. Aber weltfremd, gar paranoid? Mitnichten. Bowden wusste nur besser als die meisten, wie tief Unternehmen und Regierungen mittlerweile in die Leben der Bürger eindringen, die das zulassen.
„Mit den heutigen Smartphones können Sie Ihre Privatsphäre nicht schützen. Wenn Sie ein Telefon haben und es ist eingeschaltet, werden Ihre Koordinaten ständig weitergesendet. Das könnte anders sein, aber dann würden die Telekomfirmen nicht so viel Geld verdienen.“, erklärte er seine Handy-Abstinenz damals.
Er musste es wissen. Denn die längste Zeit stand Bowden „auf der anderen Seite“. Er beriet den US-Softwarekonzern Microsoft in Sachen Datenschutz, bis er 2011 – weit vor Edward Snowdens Enthüllungen – erkannte, welches Ausmaß die Schnüffeleien der NSA erreicht hatten. „Ich warnte den Konzern damals: Wenn ihr Cloud-Computing in Europa verkauft, liefert ihr der NSA direkten Zugang zu den Daten der Europäer.“, erinnerte er sich. Die Reaktion? „Zwei Monate später war ich gefeuert“.
Europa muss sich wehren
Vor wenigen Tagen erlag Caspar Bowden einer Krebs-Erkrankung. Über sein Privatleben ist – fast standesgemäß – wenig bekannt. Sein berufliches Wirken hallt umso lauter nach. Seit seinem Abgang bei Microsoft war Caspar Bowden freiberuflicher Kämpfer gegen den Überwachungswahn. Er war Mitgründer des britischen Foundation for Information Policy Research, war Berater – und Kritiker – der EU. Europa lasse sich von den USA auf der Nase herumtanzen, warnte er. Der Kontinent müsse unabhängig werden von den Amerikanern, eine eigene IT-Industrie, ein eigenes Microsoft, ein eigenes Betriebssystem aufbauen. So wie es die Russen und die Chinesen machen. Doch davon ist die EU weit entfernt.
Technologie als Lösung?
Entsprechend desillusioniert war Bowden zuletzt von der Politik und sah de Lösung zusehends in der Technologie. Er dockte beim Tor-Projekt an, das es Nutzern ermöglicht, anonym in Internet zu surfen. Er bewarb das freie (und sichere) Betriebssystem Qubes-OS. Die Menschen selbst könnten sich um ihre Sicherheit kümmern. Doch viele ersparen sich lieber ein paar Klicks und bleiben bei Microsoft und Google. Sie stehen selbst vor derselben Wahl: „Sicherheit, Freiheit und Bequemlichkeit. Wähle zwei.“ Wenigen ist bewusst, was sie für die Bequemlichkeit aufgeben. Mit Caspar Bowden fehlt einer mehr, der uns daran erinnert.