Sag doch mal »Ello«

(c) Ello
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Ein neu aufgestelltes Social Network verspricht, ohne Werbung und Datensammlung eine Oase der Ruhe im Netzgewitter zu sein.

Unendliche Weiten. Das ist der erste Eindruck, den man gewinnt, wenn man zum ersten Mal in das neue Social Network Ello (abgeleitet von der englischen Begrüßung „Hello“) einsteigt. Falls man überhaupt einsteigen darf, denn Ello ist bisher nur für Nutzer verfügbar, die eine Einladung erhalten haben. Es geht noch recht beschaulich auf der schlichten, in simplem Schwarz und Weiß gehaltenen Website zu, die sich gewissermaßen als eine Art Anti-Facebook etablieren will. Denn bei Ello gibt es weder Werbung, noch wird man im Sekundentakt mit belanglosen Meldungen in seinem Newsfeed bombardiert. Die Macher scheinen sich auch bewusst zu sein, dass es sich bei einer solchen Flut an Benachrichtigungen um Störgeräusche handelt, und haben daher eine Kategorie namens „Noise“ (engl. für Geräusch) eingeführt, in die man Kontakte schieben kann, die zu viele oder viele uninteressante Inhalte online stellen.


Werbefrei. Apropos Störung: Ello wirbt damit, dass es keinerlei Werbeanzeigen gibt, um sich von allen anderen Konkurrenten abzuheben. Das klingt auf den ersten Blick sehr verlockend und passt auch in das Konzept einer entschleunigten Social-Media-Seite. „Schönheit, Einfachheit und Transparenz“ sind die Schlagworte, die sich im Manifest des Portals finden. Auf anderen Netzwerken dieser Art würden die Kunden bzw. die von ihnen generierten Daten zum Produkt degradiert werden. Allerdings stellt sich die Frage, wie sich Ello langfristig finanzieren will. Berichten zufolge wird die Website derzeit mit einer signifikanten Summe an Risikokapital finanziert – und Firmen, die solches Kapital hergeben, wollen es in der Regel mit Zinsen zurückbekommen. Es scheint angedacht zu sein, dass Nutzer in Zukunft für bestimmte Funktionen einen Obolus entrichten müssen. Mehr weiß man dazu aber bisher nicht.

Fest steht aber, dass derzeit ein ziemlicher Hype um Ello existiert. Mehr als 30.000 Menschen sollen sich pro Stunde für das Netzwerk registrieren. Dazu trägt auch bei, dass die Tatsache, dass man nur mit einer Einladung hineinkommt, viele Nutzer neugierig macht und dem Netzwerk ein Flair des Elitären gibt. Etablierte Größen wie Facebook und Twitter werden jetzt aber dennoch nicht zu zittern anfangen. Das Erlebnis bei Ello ist doch sehr eingeschränkt und bietet bei Weitem nicht die Interaktionsmöglichkeiten der anderen Plattformen. Bei Ello gibt es kein enges Korsett – so ist man etwa, anders als bei Facebook, nicht dazu angehalten, seinen echten Namen zu nutzen. Das Design der Website ist stark reduziert und auf das Wesentlichste konzentriert.

Bei Ello will man wohl auch gar nicht so viel Interaktion. Das neue Netzwerk wird voraussichtlich ein Nischenprodukt bleiben, eine erholsame Online-Oase der Ruhe im Gewirr der Hetze – ohne Like-Hascherei und die sonst allzu üblichen Störgeräusche.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2014)

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