Google I/O setzt auf smartes Zuhause und virtuelle Realität

Am Mittwoch startet offiziell Googles Entwicklerkonferenz. Die Google I/O bekommt heuer Festivalcharakter. Die Eröffnungskeynote kann live mitverfolgt werden.

Mit dem Umzug auf ein Freiluft-Gelände unter kalifornischer Sonne bekommt die Konferenz Google I/O heuer Festivalcharakter. Die für Android-Entwickler wichtigste Konferenz des Jahres bietet ein dreitägiges Programm mit Einblick auf Entwicklungen und Trends der Branche. Erwartet wird die Vorstellung von mehreren strategische Neuheiten.

Google will bei seiner Entwicklerkonferenz am Mittwoch laut Medienberichten unter anderem eine Sprachsteuerung für das vernetzte Zuhause sowie Technik zur Anzeige virtueller Realität präsentieren. Der Assistent "Google Home" solle Fragen beantworten und einfache Aufgaben erfüllen, schrieb die "New York Times". Er würde damit direkt mit Amazons Software Alexa oder Apples Siri konkurrieren. Unklar blieb, ob Googles Smart-Home-Steuerung genauso wie bei Amazon in einem vernetzten Lautsprecher steckt.

Vorstellung von "Android VR" erwartet

Bei virtueller Realität wird schon seit einiger Zeit über "Android VR" spekuliert. Unklar blieb bisher, ob es dabei um eine neue Virtual-Reality-Brille geht, oder um eine Plattform für entsprechende Inhalte. Als sicher galt, dass bei der Google I/O eine fertige Version des "Project Tango" vorgestellt wird. Dabei handelt es sich um ein Smartphone, das dank diverser Sensoren seine Umwelt dreidimensional erfassen kann. Damit könnten schnell Räume zum Beispiel für Navigation vermessen werden und die Technik dürfte auch für VR-Anwendungen nützlich sein.

Dass Virtual-Reality ein Schwerpunkt dieses Jahr sein wird, zeigt auch die Ankündigung eines 360-Grad-Livestreams. Besitzer eines Google Cardboards, einer Gear VR oder einer anderen VR-Brille können sich das Event im 360-Grad-Modus ansehen. Die Keynote kann ab 19 Uhr unserer Zeit aber auch im normalen Stream angesehen werden.

Weitere Details zu Android N

In den vergangenen Jahren stand bei den Entwicklerkonferenzen immer wieder die jeweils neue Version des international dominierenden Mobil-Betriebssystems Android im Mittelpunkt. Diesmal wurde eine Vorversion von Android N früher als sonst bereits im März veröffentlicht. Das gilt als Signal dafür, dass der Hauptfokus bei der Google I/O diesmal eher auf anderen Themen liegen wird. Immerhin könnte aber der vollständige Name der nächsten Android-Variante bekanntgegeben werden. Google benennt sie traditionell in alphabetischer Reihenfolge nach Süßigkeiten. Bei "N" wird über "Nutella", Nougat oder "Nerds" als mögliche Namen spekuliert.

Google verlegte die Konferenz in diesem Jahr aus San Francisco in ein Freiluft-Amphitheater direkt neben dem Hauptquartier des Konzerns in Mountain View. Dort traten unter anderem schon "The Who" und "Metallica" auf.

Premiere für Sundar Pichai

Für Google-Chef Sundar Pichai wird es eine Premiere: Er eröffnete zwar auch früher schon die Konferenzen, jetzt ist er aber offiziell der Firmenlenker. Sein Vorgänger, Google-Mitgründer Larry Page, wechselte im vergangenen Jahr an die Spitze des neuen Mutterkonzerns Alphabet. In einem Strategie-Papier skizzierte Pichai jüngst eine Computer-Zukunft, in der künstliche Intelligenz die Hauptrolle spielt und die Geräte in den Hintergrund treten.

Ob die selbstfahrenden Autos des Konzerns einen Auftritt haben werden, blieb bis zuletzt fraglich. Neues dürfte es aber zur Software "Android Auto" geben, mit der Smartphones mit dem Google-System besser ins Cockpit eingebunden werden können. Und unmittelbar vor der I/O startete Google rund um San Francisco den Test einer Mitfahr-App auf Basis seines Navigationsdienstes Waze.

Die Idee geistert bereits seit einigen Jahren durch die Entwicklungsabteilungen. Ein Smartphone, das aus einzelnen Modulen individuell zusammengebaut werden kann. Und zwar vom Nutzer, jederzeit und überall. Google hat Motorola an dem Problem forschen lassen und das entsprechende Team beim Verkauf von Motorola an Lenovo behalten. Jetzt gibt es den ersten funktionierenden Prototypen von "Project Ara".

Mitte April hielt Google eine eigene Konferenz zu dem modularen Smartphone der Zukunft ab. Dort sollen Entwickler für das Projekt gewonnen werden. Ein erstes Entwickler-Paket ist bereits verfügbar und enthält Baupläne, Spezifikationen und konkrete Beispiele.

Auf der Konferenz hatte auch der erste Prototyp seinen großen Auftritt. Sofort wurde aber deutlich, dass die Hardware noch in den Kinderschuhen steckt. Das Display hatte kurz vor der Präsentation seinen Dienst versagt und das Gerät wollte nicht laden. Also blieb lediglich die Präsentation der einzelnen Module.

Das Ara-Smartphone besteht aus einem Alu-Skelett, das von Google in drei Größen bereit gestellt wird.

Das kleinste Ara wird 4 x 10 Zentimeter groß sein, das mittlere 6 x 12 Zentimeter und das größte 8 x 14 Zentimeter. Einzelne Module können auch auf ein anderes Skelett umgesteckt werden. So ist es möglich beispielsweise im Büro ein großes Gerät mit vielen Zusatzmodulen zu verwenden und abends auf ein kleines Smartphone mit guter Kamera mit Blitz zu wechseln.

Die Module ermöglichen auch Geräte in allen Preisklassen. In Entwicklungsländern könnte so etwa ein Ara nur mit WLAN angeboten werden. Ein teures Ara könnte hingegen mit medizinischen Spezialgeräten ausgestattet sein.

Google präsentierte etwa ein Blutdruck- und Sauerstoff-Messgerät.

Außerdem kann Ara einfach repariert werden - wenn zum Beispiel das Display bricht, kann es der Nutzer selbst austauschen. Auch Upgrades sind einfach möglich. Etwa auf einen stärkeren Akku oder einen neueren Prozessor.

Die einzelnen Module müssen mindestens 2 x 2 Zentimeter groß sein und können maximal 4 x 4 Zentimeter messen. Sie haben eine vorgegebene Form mit abgerundeten Ecken und Kanten und halten über Elektropermanent-Magnete fest an Ort und Stelle.

Module können auch an der Vorderseite hinzugefügt werden. Beispiele sind Tastaturen, Lautsprecher oder Kameras. Oben und unten dürfen die Module über das Grundgerüst hinausreichen. Seitlich ist das nicht möglich.

Kunden sollen ihr Ara später über einen Online-Konfigurator zusammenstellen. Die einzelnen Module sammelt Google wie in einem App-Store für Hardware.

Wie die Rückseite der Module aussieht, kann der Kunde ebenfalls im Konfigurator entscheiden. Farben und Materialien sollen fast keine Grenzen gesetzt sein, verspricht Google. Das Konzept erinnert an das Motorola-Smartphone Moto X, das in den USA ähnlich individualisiert werden kann.

Die Rückseite der Module wird von Google dann mit einem 3D-Drucker gefertigt. So sind auch stark plastische Texturen möglich. Und jedes einzelne Modul eines Smartphones kann ein unterschiedliches Design erhalten.

Bis Ara tatsächlich erhältlich ist, wird es noch bis mindestens 2015 dauern. Der Prototyp wurde von der US-Firma AQS gefertigt, die auch Entwicklern bei der Produktion ihrer Module helfen soll.

Noch nicht fertig ist die Software. Googles Android-System unterstützt modulare Hardware bisher nicht. Daran wird nun mit Hochdruck gearbeitet und schon bald soll zumindest ein spezielles Android für die Prototyp-Entwicklung bereit gestellt werden.>> Zu AQS>> Zum Developer-Kit für Ara

Googles "Project Ara" geht auf eine Idee des niederländischen Designers Dave Hakkens zurück, der unter dem Titel "Phonebloks" das erste Konzept vorlegte. Noch davor entwickelte das israelische Unternehmen Modu ein modulares Smartphone, das aus einem Kern bestand, der in verschiedenste Gehäuse gesteckt werden konnte.

Ein weiterer Kandidat ist "Project Ara", ein modulares Telefon, das man aus Teilen wie Bildschirm, Kamera, Chip-Block zusammenstecken kann. Prototypen gab es schon bei früheren Konferenzen zu sehen - irgendwann gestanden die Entwickler jedoch ein, dass das Konzept daran krankte, dass die Bauteile nicht gut genug zusammenhielten.

>>> Hier geht's zum 360-Grad-Livestream.

>>> Hier geht's zum normalen Livestream, der kurz vor Start um 19 Uhr freigeschaltet wird. 

(APA/DPA)