Medienkompetenz: Computer für Kleinkinder

Medienkompetenz Computer fuer Kleinkinder
Medienkompetenz Computer fuer Kleinkinder(c) Bilderbox
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Erstmals wurden Kindergartenkinder befragt, welche Medien sie wie nutzen: Damit sollen Methoden geschaffen werden, um im Kindergarten Medienkompetenz zu vermitteln.

Was haben Eltern getan, bevor es YouTube gab?!“, wundern sich junge Eltern heute. Sie setzen ihre Kleinkinder zu Pingu, Barbapapa und Biene Maja vor den Laptop, und schon ist Ruhe im Haus. Wie die Mediennutzung von Kindern zwischen drei und sechs Jahren konkret aussieht bzw. wie die Kinder das selbst einschätzen, wurde bisher kaum erforscht. „Dazu wurden fast immer nur die Eltern befragt“, weiß Christian Swertz vom Institut für Bildungswissenschaften der Uni Wien: „Unsere Studie hat nun gezeigt, dass die Kinder alle Medien kennen und auch gerne nutzen, sobald sie dazu in der Lage sind und die Möglichkeit bekommen.“

Swertz leitet das nun auslaufende Sparkling-Science-Projekt „Mediengarten“ (gefördert vom Wissenschaftsministerium), bei dem Bakip-Schüler (Besucher von Kindergartenschulen) aus ganz Österreich eingebunden waren: „Die Datenerhebungsmethoden entwickelten die Schüler, vorwiegend Schülerinnen, selbst, wodurch sie einen fundierten Einblick in die Anwendung von Forschungsmethoden bekamen.“

Ziel waren neue Unterrichtsmethoden, um Kindergartenkindern Medienkompetenz und „Literacy“ zu vermitteln, d.h. eine Vertrautheit mit Literatur und Medien, die über die Fähigkeit des Schreibens und Lesens hinausgeht – also ein Text- und Sinnverständnis. Zur Erkundung der „Selbstwahrnehmung“ der Mediennutzung der Drei- bis Sechsjährigen durften die Kinder Collagen erstellen und Bilder malen, die dann ausgewertet wurden.


Alles, was der Markt bietet. Darin zeigte sich, wie Kindergartenkinder mit heutigen Medien umgehen und wie bewusst sie sich dessen sind. „Medien nutzen heißt für Kinder, groß zu sein“, sagt Swertz, „nach dem Motto: Wenn ich groß bin, werde ich ein Handy haben.“ Fernsehen, Computer, Handy – das alles steht den Kindern offen. „Sie nutzen fast alles, was der Markt zu bieten hat. Unterschiede in der Mediennutzung sind weniger ökonomisch und eher kulturell bedingt: Welche Medien wie genutzt werden, hängt meist von den Gewohnheiten der Eltern ab.“

Wichtig sind freilich auch die Fähigkeiten der Kinder: Vierjährige können zwar computerspielen und fernsehen, aber in der Regel noch keine Bücher lesen. „Da kommentierten selbst die Kinder trocken: Welchen Sinn macht es, Bücher zu lesen, wenn man noch nicht lesen kann.“

Überraschend war in der Recherche, dass die Bakip-Schülerinnen ihre eigene Einstellung zur Mediennutzung im Kindergarten pädagogisch anpassen: „Während viele Schülerinnen privat regelmäßig fernsehen, vermitteln Sie den Kindern, dass andere Medien, vor allem das Bilderbuch, dem Fernsehen vorzuziehen seien“, erklärt Swertz. Ihm war auch wichtig, dass hier erstmals der „mediale Habitus“ von Kindergartenkindern erhoben wurde, also die Einstellung von Kindern gegenüber verschiedenen Medien: „Manche Menschen verbringen ihre Freizeit gerne vor dem Computer, andere lesen lieber, und wieder andere schauen viel fern. Wer gerne vor dem Computer sitzt, gewöhnt sich daran, kontinuierlich zu tippen oder zu klicken. Durch diese Gewöhnung entstehen Einstellungen und Überzeugungen, die als medialer Habitus bezeichnet werden.“

Dieser mediale Habitus führt dann z.B. dazu, dass Kinder, die regelmäßig Computer nutzen, im Unterricht lieber aktiv sein möchten. „Aktivität sind sie gewöhnt, passives Zuhören entspricht nicht ihrem Geschmack – das ist eher etwas für Buchfans“, erklärt Swertz. Durch die aktuellen Ergebnisse soll in Zukunft im Kindergarten ein reflektierter Umgang mit Medien und ihren Inhalten vermittelt werden.

Lexikon

»Literacy«
ist eine Form von Medienkompetenz: Als Text- und Sinnverständnis ist Literacy eine Vertrautheit mit Texten und Medien, die über das Lesen und Schreiben
hinausgeht.

»Medialer Habitus«
sind die Einstellungen und Überzeugungen gegenüber Medien und die Gewohnheiten, die man durch seine eigene Mediennutzung bekommt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2011)

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