"Halo 3: ODST" im Test: Nachtspaziergang mit Feuerpausen

(c) Bungie, Microsoft Game Studios
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Statt als mächtiger Supersoldat müssen Spieler sich als verwundbarer Mensch durch Horden von Aliens schießen. Was taugt der neue Shooter für Xbox 360? DiePresse.com hat das Game getestet.

Einsam und allein inmitten einer Horde bösartiger Aliens in einer gigantischen fremden Stadt. Noch dazu bei Nacht. Was dabei wenig hilft: Der Rest des Teams ist irgendwo verstreut. Verzweiflung? Aber nicht doch. Schließlich sind wir ein ODST, ein "Orbital Drop Shock Trooper", eine Elitetruppe des United Nations Space Command. Klingt bekannt? Ist es auch. Wir befinden uns in einem Videospiel, genauer gesagt in "Halo 3: ODST", der Fortsetzung einer Fortsetzung.

Der Reiz des Verletzbaren

Ursprünglich lediglich als Erweiterung zum Spiel "Halo 3" geplant entwickelte sich der ODST-Titel mit der Zeit zu einer Vollversion. Im Gegensatz zu den bisherigen "Halo"-Titeln übernimmt man nicht die Rolle des Supersoldaten "Master Chief", sondern ist ein ganz normaler Mensch mit weniger Fähigkeiten und geringerer Zähigkeit. Gewissermaßen der Reiz des Verletzbaren als Alleinstellungsmerkmal. Wer mit der Halo-Handlung vertraut ist: "ODST" spielt zwischen den Teilen zwei und drei. Bösartige Aliens greifen die Erde an, die Menschheit wehrt sich verzweifelt. Die Kampfzone ist Afrika - wobei sich das im Spiel nicht wirklich bemerkbar macht.

Einsamer Streifzug durch die Nacht

Als namenloser Held muss man also quer durch die Stadt "New Mombasa" stiefeln und seine Kameraden wiederfinden. Immerhin kämpfen ODSTs nicht alleine, sondern immer als Team. Verstreut in der ganzen Stadt sind Hinweise auf den Verbleib der Kollegen. Sammelt man sie auf, wechselt das Spiel zum jeweiligen Kameraden und lässt den Spieler dessen Sicht des Geschehens erleben. Dann tut sich zur Abwechslung auch etwas. Während der einsamen Nachtspaziergänge durch New Mombasa passiert nämlich erschreckend wenig.

Gemeinsame Erkundungstour

Die Action selbst ist grundsolide. Entwickler Bungie hat ja bereits mit den Halo-Teilen eins bis drei genug Erfahrung in dem Bereich sammeln können. Wer die Serie kennt, wird sich gleich wohl fühlen. Allerdings sind heroische Sturmangriffe nicht so empfehlenswert. Stattdessen sollte man öfter Deckung suchen und taktisch vorgehen. Dabei hilft, dass man gemeinsam mit bis zu drei Freunden durch die besetzte Stadt ziehen kann. Dabei verliert sich aber das Gefühl des einsamen, zurückgelassenen Soldaten.

Multiplayer-Bonus statt Solo-Erlebnis

Und irgendwie ist dann auch schon alles wieder vorbei. Für eine Vollversion (mit Vollpreis) ist die Einzelspielerkampagne erschreckend kurz geraten. Dafür soll der Multiplayer-Modus entschädigen. Wer allerdings schon Halo 3 besitzt, wird hier kaum etwas neues finden. Ein Highlight ist allerdings der neue "Firefight"-Modus. Hier kämpft man zu viert gegen immer stärker werdende Horden von Gegnern. Wenn man schon ein paar Freunde hat, mit denen man gerne zusammen spielt, bietet dieser Modus kurzweilige Unterhaltung für mehrere Abende.

Nicht genutzte Freiheiten

(c) Bungie, Microsoft Game Studios

Technisch gesehen hat Bungie die Faulheit walten lassen. Das Grundgerüst hat sich seit Halo 3 nicht geändert und wirkt im Vergleich zu anderen Titeln schon etwas angestaubt. Besonders die zum Teil lieblos wirkenden Straßenstriche mit sich wiederholenden Elementen öden den Spieler mit der Zeit an. Für die Abschnitte zwischen den Rückblenden hätte sich der Entwickler auch etwas mehr einfallen lassen können. Zwar ist die Stadt frei begehbar, im Endeffekt rennt man aber immer nur von einem Wegpunkt zum nächsten. Der Nachtspaziergang wird von gelegentlichen Feuerpausen unterbrochen, wenn gerade wieder ein paar Aliens den Weg versperren.

Nebengeschichte durch Sprachaufnahmen

Für Abwechslung sorgen Audiodateien, die man unterwegs aufschnappt. Darin wird die Geschichte von "Sadie" erzählt, einer Bewohnerin von New Mombasa, die sich während des Angriffs der Aliens ihren Weg durch die Stadt bahnt. Angeblich verdoppelte sich durch diese Nebengeschichte die Anzahl der Sprachsequenzen in "Halo 3: ODST". Dafür wurden durchwegs professionelle Sprecher engagiert und auch sehr stimmige Dialoge geschrieben.

Profi-Schauspieler für Sprachausgabe

Generell ist die Qualität der Sprachausgabe exzellent. In der englischen Originalfassung werden drei Rollen von Nathan Fillion, Adam Baldwin und Alan Tudyk vertont, alle aus der Kult-Serie "Firefly". Sie bringen einen ähnlichen Charme in die Zwischensequenzen, den auch die viel zu früh abgesetzte TV-Sendung ausstrahlte. Die Entwickler gaben zu, große Fans von "Firefly" zu sein. Unterstützung bekamen sie von Tricia Helfer, ebenfalls bekannt aus einer Science-Fiction-Serie. Sie spielte eine wichtige Rolle in "Battlestar Galactica". Generell sei allen Spielern mit guten Englischkenntnissen nur die Originalfassung ans Herz gelegt. Auf Deutsch geht einfach zu viel Charme verloren.

Fazit

(c) Bungie, Microsoft Game Studios

Was bleibt also übrig an dem Exklusiv-Titel für Microsofts Xbox 360? Spannende Action-Sequenzen, eine solide Hintergrundgeschichte, stimmige Musik, handfeste Dialoge und mit "Firefight" ein kurzweiliger Multiplayerspaß. Sauer stößt allerdings die Kürze der Kampagne auf und die Tatsache, dass man an allen Ecken und Enden spürt, wie alt die Technik hinter dem Spiel bereits ist. Als reines Erweiterungspaket zu "Halo 3" wäre "ODST" zu umfangreich gewesen, als eigenständiges Spiel ist es aber auch etwas dünn. Hätten sich die Entwickler mit dem Erkundungsmodus und auf der Technikseite etwas mehr Mühe gegeben, hätte hier eine wahre Perle erstrahlen können. So bleibt ein solides Spiel mit guten Teilbereichen, vom dem man sich aber doch ein wenig mehr gewünscht hätte.

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