"Portal 2": Unterhaltsames Tor zum Wahnsinn

Portal Unterhaltsames Wahnsinn
Portal Unterhaltsames Wahnsinn(c) Valva
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Das humoristisch-apokalyptisch angehauchte Denkspiel Portal 2 sieht sich großen Erwartungen gegenüber - und kann sie auch großteils erfüllen. Den Kultstatus des Originals wird es aber nicht erreichen.

Schon wenige Momente nach dem Beginn von Portal 2 weiß man: Das wird was. Was genau, das erfährt man aber erst häppchenweise mit fortschreitender Handlung. Denn erklärt wird nichts. Dem Spieler und seinem Intellekt bleibt es selbst überlassen, Auswege aus absurden Räumlichkeiten verlassener Versuchslabors zu finden und deren Geheimnisse zu enthüllen. Handelnde Personen gibt es nicht. Die stumme Protagonistin begleiten nur zwei künstliche Intelligenzen, der quirlig-dümmliche Wheatley und die sarkastisch-sinistre GLaDOS (Genetic Lifeform and Disk Operating System).

Letztere war schon in Teil eins, dem herausragendsten Computerspiel des Jahres 2007, Herz und Seele des Spielerlebnisses. Mit ihrer ungewöhnlichen Stimme und den skurrilen Dialogen schafften die Schauspielerin Ellen McLain und Autor Erik Wolpaw eine Figur, die binnen kürzester Zeit Kultstatus erlangte. GLaDOS wieder in das Spiel zu integrieren, war die wohl einfachste Entscheidung für die Entwickler. Sie begrüßt den Spieler dann auch mit: „Ich glaube, wir können unsere Differenzen beilegen... für die Wissenschaft... du Monster!“ Eine kleine Spitze dafür, dass man sie im Vorgänger unschädlich gemacht hat.


Physik mit Hirn. War das erste Portal noch als simple Zugabe zu einem anderen Spiel gedacht und im Endeffekt ein Überraschungserfolg, so ging das Entwicklerstudio Valve bei Portal 2 von Anfang an aufs Ganze. Die Räumlichkeiten der fiktiven Firma Aperture Science sind gigantisch geraten. Das Hirnschmalz wird jetzt nicht nur von den namengebenden Dimensionstoren gefordert, die der Spieler selbst platzieren kann. Hinzu kommen änderbare Oberflächen, Lichtbrücken und Trampoline. Wie schon 2007 muss man sich auch physikalische Grundgesetze zunutze machen, um die abstrusen Puzzles zu lösen. Fans des Originals finden sich sofort zurecht. Gemeinsam mit einem Freund kann man auch in der Gestalt von Robotern spezielle Mehrspieleraufgaben lösen.

Unverkennbar ist der erfrischende Humor, der den Spieler von Anfang an begleitet. Eine Computerstimme weist etwa darauf hin, dass für die nächste Lösung kinetische Energie benötigt wird. Und ergänzt: „Wenn in der Zukunft die Gesetze der Physik nicht mehr gelten, dann gnade Ihnen Gott.“ Der Spieler wird nämlich Jahrzehnte nach Teil eins aus dem Tiefschlaf geweckt und findet eine komplett verfallene Anlage vor. Sie ist aber noch im Einsatz – sehr zur Freude von GLaDOS und zum Ärgernis der Protagonistin inklusive tödlicher, wenn auch putzig wirkender Geschütztürme.


Kein Kuchen. Portal 2 weiß die hohen Erwartungen zu erfüllen. Den Kultstatus des Originals wird es aber nicht erreichen. Es fehlen Bonmots, die den ersten Teil geprägt haben, wie etwa die Lüge vom Kuchen. Dafür glänzt Portal 2 durch innovative neue Denkaufgaben und Lösungsmöglichkeiten sowie den unterhaltsamen Mehrspielermodus. Auch wird der Wahnsinn hinter Aperture Science dank der ausgearbeiteten Hintergrundgeschichte etwas begreiflicher. Der Zauber des Erstlings fehlt diesmal aber.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2011)


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