Xbox-Europachef: "Sony-Hack war schlimm für uns alle"

XboxEuropachef HackerAngriffe staerken Sicherheit
XboxEuropachef HackerAngriffe staerken Sicherheit(c) Daniel Breuss
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Chris Lewis, bei Microsoft für die Konsolensparte verantwortlich, im Gespräch mit DiePresse.com über schwierige Fortsetzungen, rechtliche Probleme und das erhöhte Sicherheitsbewusstsein beim Online-Gaming.

Die Spielebranche versucht derzeit den Spagat zwischen familienfreundlicher Unterhaltung und brachialen Action-Games für die Kernkundschaft. DiePresse.com sprach auf der Gamescom, Europas größter Videospiel-Messe, mit Chris Lewis, Microsofts Europachef für die Xbox-Sparte, über die aktuellen Entwicklungen. Zur Sprache kam auch die Sicherheit von Online-Spielern. Dieser Bereich kam in den Fokus, als im April Unbekannte sich in die Datenbanken von Sony hackten und Daten von 100 Millionen Spielern entwendeten.

Microsoft konzentriert sich neben Spielen für die Stammkundschaft auf neue Zielgruppen, die man mit Kinect und über Windows Phone erreichen will. Besteht da nicht die Gefahr, dass die Ressourcen ausgedünnt werden?

Chris Lewis: Jede der drei Zielgruppen, die Sie beschrieben haben, ist für uns gleich wichtig. Die Verwässerung unserer Ressourcen, um diese zu erreichen, ist kein akzeptabler Weg. Wir wurden von Anfang an von den Core-Gamern definiert und sie sind immer noch im Zentrum dessen, was wir tun. Wir haben die E3 bewusst mit Inhalten eröffnet, die diese Zielgruppe ansprechen. Sobald wir davon abgelenkt werden, gute Inhalte für den Kern unserer Fans zu entwickeln, begeben wir uns in Gefahr. Kinect ist bewusst eher auf Familien ausgelegt, um potenzielle Kunden zu erschließen, die wir bisher nicht hatten. Aber wir haben neue Ressourcen, die nur auf diesen Bereich abgestellt sind. Wir dürfen nur bei der Vermarktung nicht tollpatschig sein, damit sich die Dinge nicht überlappen. Wenn wir "Gears of War" oder "Halo" oder "Forza Motorsport" vorantreiben, müssen wir sicher gehen, dass wir die richtigen Communities für diese Titel anvisieren.

Sie haben gerade einige ihrer Premium-Titel erwähnt. Es gibt eine Menge an Fortsetzungen, aber wenig originale, innovative neue Titel. Machen es sich die Entwickler nicht leicht, indem sie auf vertraute Konzepte setzen, anstatt nach neuen Ideen zu suchen?

Sie haben recht, es gibt eine Menge an Fortsetzungen. Der Schlüssel ist aber, dass sie besser als die Vorgänger sind. Das stimmt für Spiele und sollte auch für Filme gelten, obwohl es dort vielleicht nicht so sehr der Fall ist. Es gibt immer einen Platz für Fortsetzungen, solange sie reichhaltiger, tiefer und besser werden. In vielerlei Hinsicht denke ich, dass es manchmal für Entwickler schwieriger ist, Serien frisch zu halten, als neue Produkte zu entwerfen. Aber wenn Sie sich ansehen, was für ein revolutionärer Schritt Kinect war, haben wir nicht einfach den Weg eines weiteren Zeigegeräts gewählt.

Ich möchte an die Spielkonsole als Zentrum des Wohnzimmers anknüpfen. In den USA gibt es bereits zahlreiche Dienste, wie etwa den beliebten Film-Streamingdienst Netflix, die die Xbox deutlich erweitern. Diese Möglichkeiten gibt es in Europa kaum, unter anderem wegen der fragmentierten Rechtssituation. Ist es für Sie frustrierend zu sehen, dass es einen großen Markt in Europa gibt, der aber in 27 kleine Rechtsbereiche unterteilt ist?

»Wir möchten mit keinem Konkurrenten tauschen.«

Chris Lewis

Sie haben das schon recht gut zusammengefasst. Frustrierend ist vermutlich das falsche Wort. Wir müssen die Beschaffenheit Europas anerkennen. Kontinentaleuropa ist eine gemeinsame Landmasse, aber das war es schon. Natürlich müssen wir die örtlichen rechtlichen Begebenheiten respektieren. Und was in Großbritannien funktioniert muss nicht zwangsläufig auch in Deutschland oder Frankreich funktionieren. Ich hätte gerne ein Äquivalent von "Canal+" und "Sky" in ganz Europa. Wir arbeiten hart daran, um das zu ermöglichen. Es wird eine Menge kommen, aber werden das jetzt nicht auf der Gamescom bekanntgeben.

Können Sie vielleicht einen Hinweis geben?

Ich kann nur sagen, dass wir das schnell umsetzen wollen. Wir sind nicht zufrieden damit, dass wir das nicht bieten können. Sie müssen einfach annehmen, dass das Glitzern in unseren Augen darauf basiert, dass wir große Erwartungen haben, dass zu liefern.

Reden wir über die Konkurrenz. Sony und Nintendo haben anlässlich der E3 neue Hardware präsentiert. Aus Sicht der Xbox gibt es bisher keine neuen Ankündigungen. Existieren vielleicht Pläne, über Handys mit Windows Phone eine Steuerung ähnlich der Wii U für die Xbox zu entwickeln?

Wo es angebracht ist, wird sich ein Windows Phone etwa über Xbox Live in ein Kinect Game integrieren können. "Kinect Fun Labs" ist etwa ein Fenster, das auf solche Entwicklungen hinweist. Sie haben gesagt, dass wir keine neue Hardware auf der E3 gebracht haben. Ich glaube, mit Kinect und der letztes Jahr vorgestellten neuen Konsole und der Möglichkeit, Xbox Live kontinuierlich upzugraden, sind wir durchaus innovativ und revolutionär. Und wir sind in einer einzigartigen Situation, um Handys, PCs und Konsolen in einander zu integrieren. Wir möchten mit keinem Konkurrenten tauschen. Das soll nicht heißen, dass wir keinen Respekt vor ihnen haben. Aber wenn wir deren Entwicklung ansehen, fühlen wir uns recht selbstbewusst auf unserem Weg.

Früher gab es in etwa einen fünfjährigen Produktlebenszyklus für Spielkonsolen. Ist dieses Modell durch die neuen Möglichkeiten, etwa mit Software-Upgrades, inzwischen veraltet?

(c) Microsoft

Ich glaube, wir haben inzwischen einen Punkt der Flexibilität der Plattform erreicht, der es erlaubt, sie reichhaltig und frisch zu halten.  Das ist jetzt für einen längeren Zeitraum möglich. Durch Xbox Live ergeben sich zahlreiche neue Möglichkeiten. Wir wachsen immer noch ständig. Heuer wird unser stärkstes Jahr werden, wir werden das schon gute 2010 noch übertreffen. Wir wollen weltweit Nummer eins werden, das heißt wir müssen auch in Europa Nummer eins werden. Vielleicht nicht in jedem einzelnen Land, aber insgesamt wollen wir an die Spitze. Obwohl wir schon den halben Produktlebenszyklus hinter uns haben, dass diese Konsolengeneration noch immer jede Menge Spielraum hat.

Bleiben wir bei Xbox Live. Als Sie die Neuigkeiten über den Hackerangriff auf das PlayStation Network gehört haben, sind da Alarmglocken in Ihrem Hinterkopf losgegangen?

»Perverserweise führen Hackerangriffe im Endeffekt zu mehr Sicherheit.«

Chris Lewis

Jeder der behauptet, er könnte diesen Vorfall ignorieren, ist nicht ganz ehrlich. Sowas fokussiert natürlich die Gedanken auf die eigene Sicherheit. Es ist bedauernswert für die Branche, dass daraus eine Nervosität bei den Kunden bezüglich ihrer Online-Existenz entsteht. Das ist schlimm für uns alle. Aber wir waren immer zuversichtlich, dass wir eine strenge Sicherheit bieten können. Wir sind stolz auf unsere Arbeit in dem Bereich. Und wir werden weiterhin Maßnahmen setzen, um unsere Kunden zu schützen.

Glauben Sie, dass die Zunahme an Hacker-Attacken in letzter Zeit auch das Sicherheitsbewusstsein der Nutzer erhöht hat?

Unausweichlich tut es das. Wenn man solche Nachrichten hört, werden die Leute nervös. Die Branche muss strenge Sicherheitsmaßnahmen einsetzen, aber auch die Kunden aufklären, etwa über die unterschiedliche Stärke von Passwörtern und Vorsichtsmaßnahmen, die sie ergreifen sollten. Perverserweise führen solche Hackerangriffe im Endeffekt zu mehr Sicherheit. Ich heiße keinesfalls solche Aktionen gut, sie legen aber den Fokus auf diese Dinge, wodurch letztlich eine sichere Umgebung entsteht.

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