Der Softwarekonzern steht vor dem größten Jobabbau in seiner Geschichte. Ein Großteil der Streichungen resultiert aus der Übernahme von Nokia.
Seattle/Frankfurt. Wenige Stunden zuvor war noch von „mehr als 6000“ Jobs die Rede, die wegfallen sollen, dreimal so viele betrifft es nun tatsächlich: Microsoft streicht 18.000 seiner 127.000 Arbeitsplätze. Der Abbau von 13.000 Stellen sei bereits in die Wege geleitet, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Das Vorhaben sei Teil eines Restrukturierungsplans und soll bis Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein. Die Microsoft-Aktie stieg nach Bekanntgabe der Sparpläne an der Wall Street um 3,7 Prozent auf 45,71 Dollar und erreichte damit ein 14-Jahres-Hoch.
Der Großteil der Jobverluste geht auf die Eingliederung des finnischen Handyherstellers Nokia zurück, den Microsoft im April für 7,2 Milliarden Dollar übernommen hat. Der Jobabbau wird laut Unternehmensangabe 1,1 bis 1,6 Milliarden Dollar (812,9 Mio. bis 1,2 Mrd. Euro) vor Steuern kosten, verteilt über die nächsten vier Quartale.
Rund fünf Monate nach seinem Amtsantritt hat Microsoft-Chef Satya Nadella die Belegschaft zuletzt schon auf einen Stellenabbau vorbereitet. Der US-Konzern mischt bei Software zwar weiter ganz vorn mit, ringt aber um Erfolge im Mobilgeschäft. Mit der Übernahme von Nokia wechselten im Frühjahr 25.000 Angestellte dieses Unternehmens zum weltgrößten Hersteller von Computerprogrammen, davon 4700 in Finnland. Seitdem beschäftigt Microsoft weit mehr Mitarbeiter als Konkurrenten wie Apple und Google, die dem Konzern aus dem Großraum Seattle aber zunehmend den Rang ablaufen. Der neue Microsoft-Chef trat auch mit dem Ziel an, das Unternehmen mit einer neuen Palette von Online-Diensten, Apps und Mobilgeräten fit für diesen Wettbewerb zu machen.
Rigide Sparpläne
Nach der Übernahme von Nokia kündigten die Amerikaner an, jährlich 600 Millionen Dollar einsparen zu wollen. In Finnland soll einem Zeitungsbericht zufolge unter anderem die ehemalige Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Nokia in Oulu mit 500 Arbeitsplätzen geschlossen werden.
In Deutschland geht es schon länger abwärts: 2007 war der dortige Nokia-Standort mit 14.000 Mitarbeitern noch der weltweit zweitgrößte nach Finnland, ein Jahr später schloss der Konzern wegen hoher Kosten das Handywerk in Bochum und verlagerte die Produktion trotz massiver Proteste von Politikern und Arbeitnehmern nach Rumänien. Gleichzeitig krempelte Apple mit seinem iPhonedie Branche um – die Tage von Nokia als größtem Handybauer waren gezählt. Derzeit arbeiten für Nokia in Deutschland noch 4400 Mitarbeiter, vor allem bei dem früher zusammen mit Siemens betriebenen Netzwerkausrüster Nokia Networks und für den Kartendienst Here. Microsoft Deutschland beschäftigt 2700 Menschen.
Die Amerikaner könnten Beobachtern zufolge auch in der Microsoft-Sparte für Xbox-Spiele- und Unterhaltung Stellen abbauen. Microsoft ist jedoch nicht der einzige Konzern in der Branche, der jetzt Abstriche beim Personal macht: Auch Hewlett-Packard, IBM, Intel und Cisco bauen zum Teil massiv Stellen ab. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2014)