Film-Downloads „ohne Konsequenz“

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Am Dienstag diskutieren Experten eine Novelle zum Urheberrecht. Gegner der Einschränkungen sind nicht dabei. Nach Vorstellungen der Justiz sollen private Downloads von Filmen und Musik aus dem Internet straffrei sein.

Wien. Der Duden umschreibt das neudeutsche Wort sehr fein: „Ein Sturm der Entrüstung (. . .) im Internet, der zum Teil mit beleidigenden Äußerungen einhergeht.“ Der Beamte des Justizressorts sagt es direkt: „Das war ein ziemlicher Shitstorm.“

Anlass der Entrüstung der österreichischen Internetgemeinde waren Teile des geplanten neuen Urheberrechtsgesetzes, die vergangene Woche bekannt wurden: Anwaltliche Abmahnungen mit 100 Euro Kostenersatz, möglicherweise Zugriff auf die Vorratsdaten, Auskunftspflicht von Internetprovidern.
Was im „Shitstorm“ weitestgehend untergegangen ist: Die Novelle zielt nicht auf das private Herunterladen von Filmen und Musik aus dem Internet. Nach den Plänen des Justizministeriums sollen private Downloads „ohne Konsequenz“ sein, erklärt ein Jurist des Ressorts der „Presse“. „Wir wollen den privaten Bereich weitestgehend in Ruhe lassen.“

Die Novelle soll nur auf jene Personen abzielen, die Musik, Filme und anderes urheberrechtlich geschütztes Material ins Internet hochladen und damit anderen Personen zur Verfügung stellen. Um sie zu verfolgen, soll auf die Verbindungsdaten der der Anzeige vorangegangenen drei Monate zurückgegriffen werden können. Fraglich ist, ob das mit den Rechnungsdaten der Internetprovider möglich ist oder ob man auf jene Daten zugreifen muss, die im Zuge der Vorratsdatenspeicherung erfasst werden.

Die Entscheidung, ob ein Internetprovider Auskunft geben muss, soll zudem ein Richter treffen, obwohl IP-Adressen nicht vom Fernmeldegeheimnis erfasst sind (siehe auch das „Rechtspanorama“ in der „Presse“ am Montag).

Kein „Abmahn-Unwesen“

Nach den Auswüchsen in Deutschland will man das „Abmahn-Unwesen“ in Österreich erst gar nicht möglich machen. In unserem Nachbarland haben sich mittlerweile viele Anwaltskanzleien auf die Abmahnung von Internetnutzern spezialisiert, die urheberrechtlich geschütztes Material im World Wide Web nutzen oder zur Verfügung stellen. So haben beispielsweise private Facebook-Nutzer Briefe von Kanzleien erhalten, weil sie ungefragt ein Foto verwendet haben. Die Kosten für die Abmahnung: 1500 Euro und mehr.

In Österreich sollen die Mahnkosten auf 100 Euro beschränkt sein. Auch hier soll es nur „Hochlader“ oder gewerbliche Nutzer treffen. Der Rechteinhaber hat aber auf jeden Fall die Möglichkeit, vor Gericht auf Schadenersatz zu klagen.

Der Entwurf, der bekannt wurde, sei „bestenfalls ein Diskussionspapier“, sagte ein Mitarbeiter des Ressorts. Am Dienstag werden Beamte des Ministeriums unter anderem mit Vertretern der Musik- und Filmindustrie und mit Experten der Arbeiterkammer über diese Pläne zur Neuordnung des Urheberrechts diskutieren. Erklärte Gegner der Einschränkungen sind nicht dabei. Mit ihnen wolle man kommende Woche in einer eigenen Runde debattieren. Einen Begutachtungsentwurf soll es nach dem derzeitigen Zeitplan im Frühjahr 2013 geben.

Umstrittene Festplattenabgabe

Thema der Gespräche am Dienstag wird auch die Abgabe auf Festplatten sein. Sie ist eine Anpassung der „Leerkassettenvergütung“ und soll Künstlern und Musikern zugutekommen. Der Oberste Gerichtshof hatte 2005 eine Festplattenabgabe als unzulässig erklärt. Seit 2010 wird sie in Österreich dennoch eingehoben, der Computerhersteller HP klagte stellvertretend für die Industrie gegen diese Abgabe. Das Verfahren ruht, weil Österreich in der Frage den Europäischen Gerichtshof anrief.

Ungeachtet der österreichischen Bemühungen gibt es Pläne zu einem einheitlichen europäischen Urheberrecht. Laut EU-Kommission geht es um die grenzüberschreitende Verwendung von Inhalten, um eine Abgabe für Privatkopien und den Zugang zu Filmen und Musik im Internet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2012)

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