Wettbewerb: Europa klagt gegen Googles Macht

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In den USA hat Google 2012 die Kartellwächter abschütteln können. Doch nun scheint die EU Ernst zu machen und bereitet eine Klage gegen den Internetkonzern vor.

Brüssel. Nach sechs Jahren Untersuchungen und Verhandlungen machen die EU-Kartellbehörden offenbar Ernst und wollen in den kommenden Wochen Klage gegen den amerikanischen Internetkonzern Google einreichen. Das berichtet das „Wall Street Journal“ am Donnerstag. Damit erweckt die EU ein Verfahren wieder zum Leben, das schon dreimal so gut wie erledigt war. Zuletzt verkündete der damalige Wettbewerbskommissar, Joaquín Almunia, vor knapp einem Jahr eine Einigung mit Google. Doch nach scharfen Protesten der Google-Konkurrenten sowie der Wirtschaftsminister von Frankreich und Deutschland musste sich die EU der Sache noch einmal annehmen.

Nun sollen die Wettbewerbshüter bei den Beschwerdeführern aus der Reise- und E-Commerce-Branche angefragt haben, ob sie deren „vertrauliche Informationen“ verwenden dürfen, die im Zug der Untersuchungen gesammelt wurden. Dieser Schritt wird üblicherweise erst dann notwendig, wenn die Behörde tatsächlich eine Klage vorbereitet. Ein weiteres Indiz vermeldet Bloomberg aus London. Dort habe ein Richter ein laufendes Zivilverfahren gegen Google in dieser Causa auf 2016 verschoben, um der EU mehr Zeit für weitere Ermittlungen zu geben.

Sechs Milliarden Dollar Strafe drohen

Der Fall EU vs. Google reicht zurück bis ins Jahr 2009. Damals beschwerte sich die Preisvergleich-Seite Foundem bei der EU, dass Google seine Marktmacht als Suchmaschine ausnütze, um auch andere Dienste aus dem Google-Universum zu promoten. Etliche Unternehmen folgten diesem Beispiel. 90 Prozent aller Online-Suchanfragen in Europa liefen damals über Google – viel mehr als in den USA. Egal, wonach die Europäer im Netz suchten, die größte Relevanz hatten bei Google stets die konzerneigenen Angebote, beschwerten sich die Mitbewerber.

Das Unternehmen hat dies stets bestritten. Dennoch starteten die EU und auch die USA Verfahren gegen den Quasi-Monopolisten. Sollte die EU-Klage nun tatsächlich eingereicht werden und Google in allen Instanzen verlieren, droht dem Unternehmen eine Strafe von bis zu zehn Prozent des jährlichen Gewinns. Nimmt man das vergangene Jahr als Maßstab, wären das mehr als sechs Milliarden US-Dollar (5,51 Milliarden Euro). Es wäre die mit Abstand größte Wettbewerbs-strafe seit dem langwierigen Verfahren der EU gegen Microsoft. 1,7 Milliarden Euro musste der Softwaregigant aus den USA 2012 letztendlich an die EU bezahlen.

Aber auch eine außergerichtliche Einigung ist noch nicht vom Tisch. Einen solchen Deal konnte Google vor zwei Jahren in den USA erreichen. Dort hat die Kartellbehörde FTC 2013 entschieden, keine Klage zu erheben. Google musste dafür zwar einige Geschäftspraktiken ändern, aber offiziell keinen Fehler eingestehen.

In Europa dürfte es für das Unternehmen deutlich schwieriger werden. Die Beziehungen zu den Internetkonzernen aus den Vereinigten Staaten ist schon wegen der Debatte über deren laschen Umgang mit dem Datenschutz in Europa angespannt. Selbst US-Präsident Barack Obama sah sich im Februar veranlasst, Google und Facebook den Rücken zu stärken. Mit den Untersuchungen wolle die Europäische Union nur von der eigenen Wettbewerbsschwäche ablenken und der amerikanischen Konkurrenz schaden, sagte er.

Nur wenige Wochen zuvor hatte das EU-Parlament eine deutlich schärfere Gangart gegen Google gefordert. In einer nicht bindenden Resolution stimmten die Parlamentarier dafür, den ungeliebten Datenkraken zu zerschlagen. Das Unternehmen solle die Internetsuche von anderen Geschäftsbereichen trennen, um Marktmacht zu verlieren, verlangten sie. (auer)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2015)

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