Internet: China zwingt Konzerne zur Zensur

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Die Volksrepublik will ab 1. Juli nur noch Computer mit einer „Zensur-Software“ zulassen. Westliche Unternehmen kommen in eine Zwickmühle.

Peking/Wien (mac). Zwanzig Jahre nachdem die Studentenproteste auf dem Pekinger Tian'anmen-Platz von der chinesischen Führung niedergeprügelt wurden, dreht Peking seinem Volk die Daumenschrauben ein wenig fester. Pünktlich zum Jahrestag waren in China sämtliche Informationen über das Massaker im Internet ebenso gesperrt wie der Nachrichtendienst Twitter oder Microsofts neue Suchmaschine Bing. An sich nichts Neues, an die Kontrollwut der kommunistischen Partei hat man sich mittlerweile gewöhnt. Doch nach einem Bericht des „Wallstreet Journal“ will China nun einen Schritt weitergehen.

Demnach wurden internationale Computerhersteller aufgefordert, ab 1. Juli nur noch Geräte im Land zu verkaufen, die zuvor mit einer „Zensur-Software“ ausgestattet worden sind. Das Programm mit dem Namen „Green Dam-Youth Escort“ blockiert eine bestimmte Datenbank an Webseiten, die von Peking jederzeit online erneuert werden kann. Offiziellen Angaben zufolge sollen damit Jugendliche vor „schädlichen Inhalten im Internet geschützt werden“. Dass China darunter aber nicht nur Pornografie, sondern auch politisch unangenehme Informationen versteht, ist spätestens seit der Errichtung der „Great Firewall of China“ bekannt. Schon heute ist es den Bürgern in der Volksrepublik nicht ohne Weiteres möglich, sich etwa im Internet über die Unabhängigkeitsbestrebungen Tibets zu informieren. Gab es bisher Möglichkeiten, die Sperren zu umgehen, würde das mit der Zensur-Software deutlich schwieriger werden.

Unterstützt Google die „Great Firewall“?

Nun stehen die PC-Hersteller vor der Wahl, entweder die politische Führung in einem großen Markt vor den Kopf zu stoßen, oder aber der Zensur in der Volksrepublik Vorschub zu leisten. Schon in der Vergangenheit mussten sich mehrere westliche Internetfirmen, wie etwa Google oder Yahoo!, den Vorwurf gefallen lassen, den Aufbau der „Great Firewall“ zu unterstützen, ohne auf die Rechte der Menschen im Land Rücksicht zu nehmen. So liefert Google etwa gänzlich andere Treffer, je nachdem, ob man in Peking oder in Wien nach dem Massaker am Tian'anmen-Platz googelt.

Die Platzhirsche am chinesischen Computermarkt stehen also vor einer schweren Entscheidung. Immerhin verdienten die größten drei (Lenovo, Hewlett-Packard und Dell) bisher sehr gut in einem Markt, der im Vorjahr noch 40 Millionen Computer nachgefragt hatte. Mehr Computer wanderten nur in den Vereinigten Staaten über den Ladentisch.

Rechner anfälliger für Cyber-Attacken

Im Gegenzug für den Zugang zu dem Riesenmarkt fordert die chinesische Führung nun genaue Zahlen darüber, wie viele Geräte ab 1. Juli im Land verkauft werden. Auf jedem PC muss die Zensur-Software entweder vorinstalliert, oder aber zumindest als CD beigelegt werden. Obwohl die chinesische Regierung bei Nichteinhalten offiziell keine Sanktionen angedroht hat, werden sich die Konzerne den Unmut der kommunistischen Partei nur ungern zuziehen.

Dass die beiden Entwicklerfirmen der Software nach Angaben der Zeitung in engen Verbindungen zum chinesischen Militär stehen, lässt westliche Hersteller allerdings laut daran zweifeln, dass die Software lediglich zum Schutz der Minderjährigen vor Pornografie dient. Vielmehr würde das Programm die Rechner anfällig für Cyber-Attacken machen und das Übertragen von persönlichen Daten ermöglichen.

AUF EINEN BLICK

Peking weitet seine Kontrolle über die Internetnutzung seiner Bürger aus. Ab 1. Juli müssen alle PCs, die in China verkauft werden, mit einer Software ausgestattet sein, die – von der Regierung unerwünschte – Internetseiten blockiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2009)

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