Studie: Österreich verliert Internet-Anschluss

(c) Bloomberg (David Paul Morris)
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Die heimische Netzwirtschaft hinkt der deutschen um drei Jahre hinterher. Jedoch hat dies aber auch mit der Größe der Märkte zu tun.

Wien. „In welchem Ministerium ist das verschwunden?“, grübelt Alfred Harl. Gemeint ist der Masterplan für Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in Österreich. Schon vor zwölf Jahren, erinnert sich der Obmann des zugehörigen Fachverbands in der Wirtschaftskammer, hat ihn die damalige Regierung versprochen. Zweimal sind Konzepte „in Schubladen gelandet“. Voriges Jahr versuchten die Staatssekretäre Sonja Stessl (SPÖ) und Harald Mahrer (ÖVP) mit einer „Digital Roadmap“ den Neustart. Aber auch dabei, klagt Harl, „geht nichts weiter“.

Hat der fehlende Rückhalt durch die Politik geschadet? Die heimische IT-Branche als Ganzes braucht den Vergleich nicht zu scheuen. Vor allem in der Mikroelektronik hat Österreich eine starke Stellung. Der Sektor ist mit 6,4 Prozent Anteil am BIP wichtiger als der Tourismus. Aber ausgerechnet bei der boomenden Internetwirtschaft bleibt Österreich deutlich zurück. Das zeigt ein Vergleich mit Deutschland, den die Berater von Arthur D. Little angestellt haben. Beim großen Nachbarn wächst kein Sektor so rasant wie die Netzwirtschaft (Onlinehandel, Werbung im Netz, Zugangsnetzwerke).

Schreibt man das Wachstum so fort und beschränkt sich auf die Inlandsversorgung, wird sie bis 2028 die Automobilindustrie überholen. Autor Lars Riegel hat die Zahlen verglichen und kommt zum Schluss: „Österreich hinkt drei Jahre hinterher.“ Während der deutsche Bedarf an Internetleistungen zu 45 Prozent durch inländische Firmen gedeckt werden kann, ist es in Österreich nur ein Drittel.

Auch Kleine können reüssieren

Zugegeben: Das hat auch mit der Größe der Märkte zu tun. Wo das Potenzial groß ist, wo neue Unternehmen also schnell skalieren können, fließt mehr Risikokapital von Investoren hin. Es bilden sich auch leichter Cluster. Wenn hierzulande innovative Unternehmen Erfolg haben, werden sie oft alsbald von deutschen geschluckt (wie Runtastic von Adidas). Da sei das kleinere Land „teilweise chancenlos“. Aber die deutsche Politik hat auch stärker für Rückenwind gesorgt. Der Auslöser dazu war der kurze Höhenflug der Piratenpartei vor gut vier Jahren. Die damals gestartete Initiative für mehr Ausbildungsplätze wirke positiv nach. Vor allem in Berlin, sagt Riegel, haben zudem finanzielle Hilfen für Start-ups gefruchtet.

Zudem zeigt eine Reihe von Ländern, dass man auch als Kleiner an der Spitze mithalten kann: Schweden (mit einer sehr hohen Breitbandabdeckung), Finnland, Niederlande, Israel. Wobei die Österreicher als Konsumenten längst im digitalen Zeitalter angekommen sind: Bei der Internetnutzung und der Fertigkeit im Umgang mit neuen Medien liegt das Land „weit über dem europäischen Durchschnitt“. In seltsamem Gegensatz steht dazu die Anwendung digitaler Technologien bei kleinen und mittleren Unternehmen: Sie hinken den Trends hinterher. Nur ein Beispiel: In Schweden nutzen 39 Prozent der KMU die Dienste des Cloud Computing, was ihre IT-Kosten reduzieren kann. In Österreich sind es nur zwölf Prozent. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2016)

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