Österreichs Hacker, verboten gut - und von Google umworben

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Zweimal in Folge schon setzten sich Schüler und Studenten gegen Europas Spitze in einem Wettbewerb durch. Für den Staat und Unternehmen sind die jungen Frauen und Männer gefragte Fachkräfte: Nur mit ihrer Hilfe vermag man sich vor Cyber-Angriffen zu schützen.

Wien. Ein 15-jähriger Schüler aus Niederösterreich führte von seinem Kinderzimmer aus Hackerangriffe auf Unternehmen durch. Während seine Eltern das TV-Abendprogramm genossen, brach er via Internet in die Serverfarmen von 259 Firmen ein. Seine Trophäen, gestohlene Daten, veröffentlichte er im Netz. Fahnder des Bundeskriminalamts forschten ihn aus. Das war im April 2012.

Die Geschichte des jungen Cyber-Kriminellen gab den Anstoß dazu, dass die besten und sozusagen offiziell zertifizierten Nachwuchshacker Europas inzwischen aus Österreich kommen. Die Episode war Anlass dafür, dass eine Gruppe von IT-Sicherheitsexperten – der Verein Cyber Security Austria, kurz CSA – ein Modell entwickelte, um im Verborgenen existierende Talente zu erkennen, zu fördern, in geordnete Bahnen zu lenken und so letztendlich den Technologiestandort Österreich abzusichern. Im November 2016 will das österreichische Team den inzwischen dritten Europameistertitel in Serie holen.

Lisa, die ihren vollen Namen zum Schutz ihrer Familie nicht öffentlich machen will, war bisher immer mit dabei. Die 18-Jährige lernt gerade für die Matura. Sie sagt, dass Bewerbung und Teilnahme am nationalen und internationalen Wettbewerb ihr berufliches Fortkommen enorm gefördert haben. „Ich ging dort mit drei Jobangeboten hinaus.“

Die Nachfrage nach Fachkräften für den IT-Sicherheitsbereich steigt. Der Grund dafür ist, dass immer mehr Bereiche unseres Alltags, der Wirtschaft oder auch strategisch wichtiger Infrastruktur vernetzt werden. Vernetzung bedeutet jedoch auch Verwundbarkeit gegenüber Angreifern. Sich davor zu schützen erfordert die gleichen Fertigkeiten, wie sie Kriminelle haben. „Gute“ Hacker sind daher gesuchte Fachkräfte.

Gründe, warum sich die österreichischen Hacker bereits zweimal gegen die Konkurrenz bei der European Cybersecurity Challenge durchsetzen konnten, gibt es mehrere. Joe Pichlmayr, CSA-Mitglied und Chef von Ikarus Security Software, glaubt, dass gerade das System HTL in der Gruppe der ganz Jungen von Vorteil ist. Weiters würden es die Schulen ermöglichen, dass sie die Teilnehmer für gemeinsame Hackerworkshops und Fortbildungen vom Unterricht freistellen, damit sich diese gezielt auf die internationalen Wettbewerbe vorbereiten können.

Pichlmayr erzählt aber auch, dass es schwierig ist, die Junghacker im Land zu halten, wenn die Googles dieser Welt mit dem Scheckbuch winken. Dabei erinnert er sich an einen Termin bei der Europäischen Agentur für Netzwerk- und Informationssicherheit (Enisa). Damals ging es darum, aus dem österreichischen Hacker-Wettbewerb einen europäischen zu machen. Im Rahmen der Gespräche trat der US-Netzwerkriese Cisco aggressiv (sprich: mit Geld) auf, um die Durchführung des Projekts und damit den Zugriff auf die Teilnehmer an sich zu reißen.

Dass auch der Staat daran interessiert ist, IT-Sicherheitsexperten nicht ans Ausland zu verlieren zeigt das finanzielle und personelle Engagement des Bundesheeres am Wettbewerb. „Wir spielen dabei durchaus mit dem Nimbus eines Nachrichtendienstes. Für einen ebensolchen gearbeitet zu haben ist für viele Hacker eine attraktive Station im Lebenslauf“, sagt Walter Unger, Leiter der Abteilung für Cyber-Defense im Abwehramt des Bundesheeres. Immerhin drei Nachwuchshacker bekamen bisher Dienstverträge beim Militär, weitere drei beim Verfassungsschutz des Innenministeriums.

Derzeit läuft die Bewerbungsfrist für den Hacker-Wettbewerb 2016. Das nationale Finale findet im Oktober in St. Johann statt. Die besten von dort fahren im November als Team zur Europameisterschaft nach Düsseldorf. Mehr dazu:

Web: www.cybersecuritychallenge.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2016)

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