Internet: Der Kampf um die Zukunftsmusik

(c) Bloomberg (Krisztian Bocsi)
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Der Streamingdienst Spotify wirft Apple offen vor, seine Marktmacht auszunützen. Der Konzern wolle den Wettbewerb zum eigenen Vorteil verzerren.

Stockholm/Cupertino. Vergangene Woche ging in der Apple-Zentrale im kalifornischen Cupertino ein Beschwerdebrief der anderen Art ein: Der schwedische Streamingdienst Spotify fühlt sich vom iPhone-Hersteller benachteiligt. Diese würde seine Doppelfunktion als Anbieter eines Mobil-Betriebssystems und eines integrierten Digitalladens, des sogenannten App-Stores, missbrauchen. Genauer wirft Spotify dem IT-Konzern vor, seine iPhone-App zu blockieren, um das eigene Angebot, Apple Music, zu fördern.

Der Streit darüber, wie ein Spotify-Musikabo gebucht werden kann, wird nicht hinter verschlossenen Konzerntüren ausgetragen. In einem öffentlichen Brief, der auch amerikanischen Medien und einigen US-Abgeordneten vorliegt, ließen die Schweden wissen: „Wir können nicht untätig bleiben, während Apple das Freigabeverfahren im App-Store als Waffe benutzt, um seinen Konkurrenten zu schaden.“

Die Vorgeschichte zu den Vorwürfen: Programmierer, die über Apples Online-Marktplatz Produkte anbieten, mussten bislang 30 Prozent vom Kaufpreis an den Konzern abtreten. Spotify gab diese Gebühr an die Kunden weiter: Wer über die iPhone-App kaufte, zahlte 13 Dollar oder Euro. Wer direkt bei Spotify einkaufte, zahlte nur zehn. Zusätzlich schaltete der Streamingdienst gezielte Werbung im App-Store, die auf die billigere Webversion verwies. Das wurde Apple offensichtlich zu bunt. Das Unternehmen verbannte die neue Spotify-App aus seinem Regal, weil sie nicht den Firmenrichtlinien entspreche.

„Gleiche Regeln für alle“

Apples Chefjurist entgegnete den Schweden nun ebenfalls öffentlich, der iPhone-Konzern verletze keine Wettbewerbsregeln. „Unsere Richtlinien gelten gleichermaßen für alle App-Entwickler, . . . unabhängig davon, ob sie mit Apple konkurrieren oder nicht.“ Man habe die Regeln auch nicht geändert, als man in direkte Konkurrenz zu Spotify trat. Apple betreibt seinen Streamingdienst seit einem Jahr. Analysten zufolge ist er Teil der Strategie von Apple-Chef Tim Cook, der die verlangsamten iPhone-Verkäufe durch andere Einnahmequellen ausgleichen möchte. Laut Bloomberg dürften die Einnahmen dieses Geschäftsjahrs dennoch um acht Prozent auf 193 Mrd. Euro sinken. Trotz intensiver Werbeaktivitäten kommt Apple Music auch bei Weitem nicht an den schwedischen Marktführer heran. 30 der 100 Millionen Spotify-Kunden zahlen für ein Abo. Apple Music, das keine Gratisversion anbietet, kommt auf 15 Millionen Nutzer.

Ein kolportierter Kauf des verhältnismäßig kleinen Streamingdienstes Tidal von US-Rapper Jay-Z soll nun den Kampf zugunsten von Apple entscheiden. Dessen Konzept: Kunden durch Exklusivverträge mit namhaften Künstlern wie Rihanna oder Beyoncé an sich zu binden. Bei Apple Music träumt man bereits vor einem offiziellen Vertragsabschluss davon, zu einer Art MTV zu werden. Ein Ort, an dem sich die Popkultur abspielt – und einer, wo der Mitbewerb vor verschlossenen Türen steht. (ag/loan)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2016)

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