Datenspion: Google Chrome speichert alle URLs

USA GOOGLE BROWSER
USA GOOGLE BROWSEREPA (Google/ho)
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Um bessere Adressvorschläge machen zu können, protokolliert Googles eigener Browser alle eingegebenen URLs. Eine Gratwanderung zwischen Kundenservice und Datenspionage.

Der Suchmaschinenriese Google hat in der Nacht auf heute, Mittwoch, seinen eigenen Browser "Chrome" veröffentlicht. Das Unternehmen wirbt mit verbessertem Surferlebnis für den Webuser sowie einem stabileren und sicheren Browser.

Um den Bedienkomfort zu steigern, greift Google einmal mehr auf seine umfangreichen Datenbanken zurück, wo Informationen über Surf- und Suchverhalten der Webuser gespeichert sind. Allerdings gibt sich das Online-Unternehmen damit nicht zufrieden, sondern sammelt weiter fleißig sensible Information - diesmal nicht über die Google-Homepage, sondern direkt über die Adresszeile des Browsers.

Google speichert alles

Welche Daten dabei an die Server gesendet werden, verraten die Datenschutzbestimmungen - für an Chrome interessierte User lohnt sich ein Blick darauf in jedem Fall. Der erste Punkt erläutert sogleich, dass Google über alle aufgerufenen URLs in Kenntnis gesetzt wird. Dies sei notwendig, um Adressvorschläge zu machen und das Surfen zu verbessern.

Ebenso werden aufgerufene, aber nicht vorhandene URLs an den Google-Server gesendet. Der Browserverlauf bleibt also nicht auf dem Benutzerrechner gespeichert, sondern wird direkt auch an das Online-Unternehmen gesendet. Das Surfprogramm selbst enthält darüber hinaus "zumindest eine eindeutige Anwendernummer", die bei der Installation sowie bei der automatischen Update-Prüfung an Google übertragen wird. Cookies tragen zur kontinuierlichen Beobachtung ihren Teil bei.

Googles Gratwanderung

"Google befindet sich auf einer Gratwanderung. Das Unternehmen sammelt sensitive Daten, die vorsichtig zu verwalten sind", meint Andreas Zeller, Professor am Lehrstuhl für Softwaretechnik an der Universität des Saarlandes , im Gespräch mit pressetext. Immerhin dürfe das Vertrauen der User nicht enttäuscht werden, so der Experte. "Google muss sich darüber im Klaren sein, dass es vom Vertrauen seiner Nutzer lebt und man damit vorsichtig umgehen muss."

Cookies sind normal - am Rechner

Andere Browser speichern ebenfalls die aufgerufenen Seiten ab, um dem User bei zukünftigen Webbesuchen die Navigation zu erleichtern - allerdings nur lokal auf dem Rechner.

Der Ansatz Googles hierbei scheint verständlich, denn Chrome versucht das Nutzererlebnis bei zukünftigen Webbesuchen automatisch dadurch zu verbessern, indem der Verlauf als Referenz herangezogen wird. Denn Seiten, auf denen der User bei der Suche nach Informationen bereits fündig geworden ist, sind eine guter Anhaltspunkt, um auch künftig verlässlich die gewünschten Auskünfte auf den richtigen Seiten zu liefern. Allerdings geht der verbesserte Komfort zu einem gewissen Teil auch zu Lasten der Privatsphäre.

Browser sind das Nadelöhr von Google

Der IT-Experte und Autor des US-Bestseller "The Big Switch" Nicholas Carr begründet Googles Entscheidung zu einem eigenen Browser damit, dass das Surfprogramm mittlerweile zu einer Schwachstelle in Googles Geschäftsmodell geworden ist. "Es ist das Nadelöhr, durch das der Output von Googles Datencentern - die Werbung - gehen muss, um den User zu erreichen", so Carr. Als logische Konsequenz dieses Mankos müsse der Browser neu erfunden, adaptiert, angepasst und modernisiert werden. "Google wollte nicht mehr abwarten, bis Microsoft, Mozilla oder Apple die Browser ihren Vorstellungen entsprechend verändern", schreibt Carr in seinem Blog.

(pte)

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