Überwachung: House of Lords sieht Bürgerrechte gefährdet

Backdropped by a British flag, closed-circuit surveillance cameras keep watch, in central London, Tue
Backdropped by a British flag, closed-circuit surveillance cameras keep watch, in central London, Tue(c) AP (Lefteris Pitarakis)
  • Drucken

Ein neuer Bericht sieht gravierende Einschnitte in die Privatsphäre der Briten. Die Überwacher sollen strengeren Auflagen und Kontrollen unterworfen werden. Bald kommt E-Mail-Überwachung.

Die fortschreitende Entwicklung in Richtung Überwachungsgesellschaft bedroht fundamentale Freiheiten der Bürger, wie das Recht auf Privatsphäre. Zu dieser Einschätzung kommt ein kürzlich veröffentlichter Bericht des britischen Oberhauses House of Lords. Die Parlamentarier fordern eine stärkere Kontrolle der zunehmenden Überwachungspraktiken.

Unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung wurde in Großbritannien eines der umfassendsten und technisch am Weitesten entwickelten Überwachungssysteme der Welt etabliert, so der Bericht weiter. Im Bereich der Videoüberwachung sei das Land mit aktuell vier Millionen eingesetzter Überwachungskameras sogar Weltmarktführer.

Privatsphäre für Demokratie lebensnotwendig

"Die Ausweitung der Überwachungspraktiken ist eine der signifikantesten Veränderungen, die Großbritannien seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt hat", stellen die Mitglieder des House of Lords fest. Das Recht auf Privatsphäre der Bürger sei dabei immer weiter ins Hintertreffen geraten.

"Privatsphäre ist eine grundlegende Voraussetzung für die persönliche Freiheit der Menschen. Die zunehmende Überwachung und Datensammlung von Seiten des Staats und anderer Organisationen unterminiert die langjährige Tradition der individuellen Freiheit, die für eine Demokratie lebensnotwendig ist", fasst Lord Goodlad, Vorsitzender des für den Bericht verantwortlichen Oberhaus-Komitees, die Problematik zusammen. Dabei sei noch immer nicht glaubwürdig erwiesen, dass die Verwendung von Überwachungskameras in irgendeiner Form Verbrechen verhindern könne.

Mehr Befugnisse für Datenschützer gefordert

Das Komitee hat 44 Empfehlungen verfasst, wie man die Privatsphäre der Bürger besser schützen könnte. Unter anderem sollen neue Statuten für die Verwendung von Überwachungskameras erlassen werden, die sowohl für private als auch für öffentliche Einrichtungen verpflichtend sein sollen. Auch soll ein parlamentarisches Komitee jegliche neue Gesetzgebung in Bezug auf Überwachung und Bürgerdatenverarbeitung überprüfen. Zusätzlich soll die Datenschutzbehörde erweiterte Befugnisse erhalten, um private Firmen zu inspizieren. Bisher durfte die Behöre nur im öffentlichen Sektor nachforschen.

Der Bericht des House of Lords findet auch in Österreich Beachtung. "Es ist unsere Aufgabe, der Politik klar zu machen, dass die persönliche Freiheit des Einzelnen ein hohes Gut ist", betont Marie Ringler, Landtagsabgeordnete der Wiener Grünen. Eine Videokamera alleine könne sicherlich noch keine Straftat verhindern. Überwachungssysteme würden Probleme in Wahrheit nur verlagern, so Ringler weiter. Die Grünen haben schon öfter die zunehmenden Überwachungsmaßnahmen in Österreich kritisiert.

Nächster Schritt: Totale E-Mail-Überwachung

Neben dem zunehmenden Einsatz von Überwachungskameras haben zuletzt vor allem Pläne zur Errichtung einer umfassenden E-Mail-Datenbank in Großbritannien heftige Proteste von Bürgerrechtsorganisationen ausgelöst. Demnach sollen ab 15. März 2009 alle Internet Service Provider in Großbritannien per Gesetz dazu verpflichtet werden, Informationen über jeglichen E-Mail-Verkehr der Bevölkerung ein Jahr lang zu speichern und bei Bedarf den Behörden für ihre Ermittlungen zugänglich machen. Der aktuelle Bericht des House of Lords erwähnt diese Problematik aber nicht im Geringsten.

(pte/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.