"Paradies für Kinderpornos" - oder neues Gesetz

(c) AP (Thomas Kienzle)
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Emotionale Ausschussdebatte zum Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, das die Aufzeichnung des Kommunikationsverhaltens aller Bürger erlaubt. Die Grünen übertrugen die nicht öffentliche Sitzung live im Internet.

Wien/Awe. „Ich bin froh, zigtausenden Menschen nun erklären zu können, warum dieses Gesetz nötig ist.“ Ganz so viele, wie Innenministerin Maria Fekter glaubte, waren es nicht. Trotzdem konnten am Mittwoch erstmals 400 Interessierte eine nicht öffentliche Sitzung des Justizausschusses live via Videostream im Internet verfolgen. Thema war das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, das künftig die Aufzeichnung des Kommunikationsverhaltens aller Bürger erlaubt.

Ganz so „froh“, wie Fekter vorgab, waren die Regierungsparteien über die Aktion der Grünen nicht, war sie doch ein klarer Verstoß gegen die Geschäftsordnung. Eine Stunde lang überlegte Ausschussvorsitzender Heribert Donnerbauer, die Sitzung abzubrechen. Dann entschied man sich, die Übertragung für eigene Zwecke zu nutzen. Allen voran Fekter, die Grünen, FPÖ und BZÖ vorwarf, mit dem Datenschutz auch Täter zu schützen. „Kommt das Gesetz nicht, wird Österreich ein Paradies für Kinderporno-Ringe.“

Expertenkritik ohne Wirkung

Kritik, die der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser zurückwies. Niemand wolle Strafverfolgung behindern. Einfallstore für die generelle Überwachung der Bürger müssten jedoch beseitigt werden. Eines dieser Einfallstore ist, dass die Polizei künftig bei einer nicht näher definierten „allgemeinen Gefahr“ das Kommunikationsverhalten eines Bürgers durchleuchten darf. Ohne Richter, ohne Staatsanwalt. Ein Instrument, das auch einige Abgeordnete der SPÖ kritisch sehen. Justizsprecher Hannes Jarolim versprach, bis zum Beschluss des Gesetzes noch nachzubessern.

Die ebenfalls im Ausschuss geäußerte Kritik namhafter Verfassungsrechtler wie Bernd-Christian Funk und Hannes Tretter blieb ungehört. Die Gesetzesvorlage wurde von ÖVP und SPÖ ohne Änderung durchgewunken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2011)

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