Die Mitglieder haben sich einstimmig gegen das Vorhaben der Regierung ausgesprochen, alle Kommunikations-Verkehrsdaten zu überwachen. Es soll erst die Sinnhaftigkeit der Vorratsdatenspeicherung geprüft werden.
Der beim Bundeskanzleramt angesiedelte Datenschutzrat hat sich einstimmig gegen das Regierungsvorhaben der Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Die Stellungnahme nach der Sitzung am Montag sei ablehnend ausgefallen, berichtete der Vorsitzende Johann Maier (SPÖ) in einer Aussendung tags darauf. Kritisiert wurde auch, dass Änderungen in der Strafprozessordnung (StPO) und dem Sicherheitspolizeigesetz (SPG) keiner Begutachtung unterzogen worden seien.
Auch der Text des Telekommunikationsgesetzes (TKG), in dem die Vorratsdatenspeicherung geregelt ist, weiche in einigen Punkten vom Begutachtungsentwurf ab, bemängelt Maier. Daher will der Datenschutzrat die beschlossene Stellungnahme an die im Parlament vertretenen Fraktionen weiterleiten. Darin heißt es: "Der Datenschutzrat steht grundsätzlich der Data-Retention-Richtlinie weiterhin ablehnend gegenüber, weil damit in das Telekommunikationsgeheimnis eingegriffen wird und die vorgesehenen Regelungen nicht verhältnismäßig sind."
Verletzen Vorratsdaten Menschenrechte?
Für den Datenschutzrat ist die Vorratsdatenspeicherung "eine Abkehr vom Grundsatz der Vertraulichkeit der Kommunikation aufgrund eines generellen Misstrauens gegenüber allen Menschen". Massive Zweifel gibt es an der Vereinbarkeit mit Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskommission sowie mit Artikel 8 der Europäischen Grundrechte-Charta, was der Europäische Gerichtshof werde klären müssen.
Vielen Menschen ist vielleicht gar nicht bewusst, wie häufig sie an einem ganz normalen Arbeitstag elektronische Spuren hinterlassen. Mit der Vorratsdatenspeicherung wird das systematische Sammeln und Speichern solcher Spuren nun gesetzlich festgeschrieben. Doch welche Daten werden wirklich erfasst? Hier einige Beispiele. (c) Www.BilderBox.com (Www.BilderBox.com)
Gespeichert werden die betreffende Telefonnummer, Name und Anschrift der Teilnehmer, Datum, Uhrzeit und Dauer des Telefonats. Bei Handys (gilt auch für SMS) werden überdies internationale Geräte- und Teilnehmerkennungen (IMEI/IMSI) erfasst. Bei Anrufweiterleitungen wird auch jene Nummer, bei der der Anruf schließlich landet, registriert. Gesprächsinhalte dürfen nicht gespeichert werden. (c) AP (Jarno Mela)
Bei jeder Textnachricht müssen beide - beziehungsweise bei "Massen-SMS" alle - betroffenen Telefonnummern gespeichert werden, inklusive Name und Anschrift der Teilnehmer und Zeitpunkt der SMS. Gilt natürlich auch für MMS, also Kurznachrichten, die Bilder, Videos oder Audiodateien enthalten. Auch hier gilt: Inhalte dürfen nicht gespeichert werden. (c) Www.BilderBox.com (Www.BilderBox.com)
Es gelten dieselben Speichervorschriften wie bei den vorigen Beispielen, allerdings sind Name und Anschrift naturgemäß nicht verfügbar. Dafür muss aber der Zeitpunkt der erstmaligen Aktivierung der Wertkarte gespeichert werden sowie, an welchem Standort dies passiert ist (Cell-ID). (c) BilderBox (BilderBox.com)
Wer sich jetzt denkt, er könnte per Skype oder vergleichbaren Diensten der Vorratsdatenspeicherung entrinnen, irrt sich. Die oben ausgeführten Regeln für Telefonate gelten auch für diesen Kommunikationskanal. Dazu kommen noch die Regeln für Internet-Verkehr (siehe nächste Seite). (c) REUTERS (PICHI CHUANG)
Heute schon gegoogelt oder etwas im Internet nachgesehen? Vom Provider wird dabei eine IP-Adresse zugeteilt. Mit ihr verknüpft das Unternehmen Namen, Anschrift sowie die Teilnehmerkennung. Bei einer dynamische IP stellt das einiges an Mehraufwand dar: Dynamisch sind IP-Adressen, wenn Provider ihren Kunden wechselnde Adressen zuweisen. Das Gegenteil wäre eine sogenannte statische IP-Adresse, die immer dem gleichen User zuordenbar ist. (c) ASSOCIATED PRESS (JENS MEYER)
Die Nachrichten werden über Server des Betreibers zugestellt und verschickt. Gespeichert wird dabei einiges: Nämlich die E-Mail-Adressen der Absender und Empfänger sowie jene IP-Adresse, die für das Weiterleiten der E-Mail zuletzt verwendet wurde. Außerdem muss der Zeitpunkt der Anmeldung bei einem E-Mail-Dienst sowie die IP-Adresse des "Anmelders" registriert werden. Damit ist sowohl das Login in Webmail-Portale gemeint als auch einfach der Zugriff auf die Postfächer beziehungsweise -Server. Der Inhalt von Mails darf nicht gespeichert werden. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Nicht alle österreichischen Provider müssen sich an das Gesetz für die Vorratsdatenspeicherung halten. Für sehr kleine Anbieter wäre die Verpflichtung nicht wirklich verhältnismäßig, wird argumentiert. Und auch private Betreiber sind ausgenommen - also zum Beispiel User, die einen eigenen kleinen Mailserver aufgesetzt haben. Als "Private" gelten auch Universitäten und ihre Netzwerke. (c) AP (Thomas Kienzle)
Was bald alles gespeichert wird
Der Datenschutzrat drängt auch auf eine Untersuchung der Sinnhaftigkeit der Vorratsdatenspeicherung - sie war ursprünglich als Instrument zur Bekämpfung des Terrorismus gedacht - auf europäischer Ebene. Die Ergebnisse müsse der österreichische Gesetzgeber dann auch berücksichtigen.