Der schwächelnde Smartphone-Pionier stellt ein komplett neues Betriebssystem und zwei neue Geräte vor.
Der heutige Mittwoch ist ein wichtiger Tag für Thorsten Heins. Der Deutsche hat vor genau einem Jahr das Ruder des angeschlagenen Blackberry-Konzerns Research in Motion (RIM) übernommen und schon steht er vor einer entscheidenden Produkteinführung. Seit September rührt die Firma die Werbetrommel für Blackberry 10, ein komplett neues Betriebssystem für Smartphones, und zeigt dabei eine Menge Fingerspitzengefühl. Seit fünf Monaten klettert der Aktienkurs nach einer zweijährigen Talfahrt wieder nach oben. Gezielt hat RIM einige Vorseriengeräte an Journalisten, Entwickler und Mobilfunker verteilt, die das System in den höchsten Tönen loben.
Arbeit und Freizeit streng getrennt
Das neue System basiert wie das Tablet-Betriebssystem des Blackberry Playbooks auf der Software QNX, die RIM auch zum Beispiel Autoherstellern für Bord-Computer zur Verfügung stellt. Zu den am häufigsten zitierten Neuerungen zählt "Blackberry Balance", das zwei Profile auf einem Gerät zulässt und so zum Beispiel Arbeit und Freizeit streng trennen kann. Eine Funktion, die vor allem sicherheitsverliebte IT-Administratoren überzeugen soll. Als weiterer Höhepunkt gilt die neue virtuelle Tastatur, die lernfähig sein soll. So stellt sie sich zum Beispiel darauf ein, wenn ein Nutzer die Tasten immer ein wenig zu weit rechts oder links antippt. Eine intelligente Texterkennung soll außerdem dafür sorgen, dass die Autokorrektur automatisch die geschriebene Sprache erkennt und das entsprechende Wörterbuch verwendet. Beginnt man etwa die Buchstaben "je" zu tippen, schaltet die Korrektur auf Französisch um.
Zwei Smartphones zum Start
Der "Blackberry Hub" ist die Kommunikationszentrale des neuen Systems, in der Nachrichten aus E-Mail, SMS, Facebook, Twitter, LinkedIn und Foursquare zusammenlaufen. Zusätzlich sollen am Mittwoch neue Messenger-Funktionen vorgestellt werden, über die sich RIM bisher in Schweigen gehüllt hat. Zum Start hat sich der Konzern außerdem das ambitionierte Ziel von 70.000 verfügbaren Apps gesetzt. Das wäre die bisher höchste Zahl an Apps zum Zeitpunkt des Marktstarts eines Betriebssystems. Bei den zwei Geräten, die am Mittwoch vorgestellt werden, handelt es sich um ein reines Touchscreen-Smartphone und um eines mit herkömmlicher Blackberry-Tastatur. Gerüchten zufolge sollen die beiden Smartphones Z10 und X10 getauft werden.
80 Millionen Bestandskunden
Nicht alle Details sind jedoch schon bekannt und am Abend wird sich zeigen, ob die Neuigkeiten auch bei den Anlegern und Analysten Anklang finden. Ob RIM es mit Blackberry 10 gelingt, auch die Konsumenten zu überzeugen, wird sich ebenfalls erst weisen müssen. Bleibt zu hoffen, dass die neuen Blackberrys besser angenommen werden, als seinerzeit RIMs erstes reines Touchscreen-Smartphone "Storm" oder das mittlerweile zum Schleuderpreis erhältliche Tablet Playbook. 80 Millionen bestehende Blackberry-Kunden sind jedenfalls ein guter Ausgangspunkt - Analysten haben jedoch Zweifel, ob es RIM gelingt, auch neue Kunden zu überzeugen. Sollte es gelingen, ist ein harter Kampf zwischen RIM und Microsoft um den dritten Platz hinter Google und Apple zu erwarten.
(sg)