Frühling der Smartphone-Systeme

Fruehling SmartphoneSysteme
Fruehling SmartphoneSysteme(c) EPA (PETER FOLEY)
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Googles Android wurde vor fünf Jahren belächelt – jetzt beherrscht es den Smartphone-Markt. Mit Firefox OS, Tizen und Ubuntu versuchen die Nächsten ihr Glück.

Als Google vor fünf Jahren mit Android auf den Smartphone-Markt drängte, wollte niemand so recht glauben, dass dort noch Platz für ein weiteres System ist. Heute dominiert der Internetkonzern den Markt. Kann es den jungen Betriebssystemen Firefox OS, Tizen oder Ubuntu gelingen, das Blatt erneut zu wenden? Vielleicht sollte man die Neuen nicht voreilig abschreiben. Viele Branchenkenner glauben, dass auf dem Smartphone-Markt mehr Raum für Vielfalt ist als auf dem PC-Markt, der fest in der Hand von zwei großen Firmen ist. Smartphone-Kunden kaufen Geräte und nicht Betriebssysteme. „Ein solches System selbst zu installieren ist ziemlich schwierig“, sagt Tristan Nitot, Gründer von Mozilla Europe, im Gespräch mit der „Presse“. Ein anderer Grund für eine größere Vielfalt wäre, dass die Umstiegshürden nicht so groß sind wie bei Computern. Die Daten lagern heute meist im Internet und lassen sich ohne viel Aufwand auf ein neues Gerät spielen.

Und der Markt ist noch keinesfalls gesättigt. Weltweit gibt es etwa eineinhalb Milliarden Smartphone-Besitzer – etwa drei Milliarden nutzen nach wie vor ein einfaches „Feature Phone“. Genau hier will die Browserfirma Mozilla zuerst ansetzen.


Eine App für alle Systeme. Mozilla hat aber auch bereits den High-End-Markt ins Auge gefasst und einen guten Punkt gefunden, sich für verwöhnte Technikaffine interessant zu machen: Informationsfreiheit. „Wir wollen nicht, dass zwei Firmen entscheiden, welche Inhalte verfügbar sind und welche nicht“, sagte Mozilla-Chef Gary Kovacs auf dem Mobile World Congress in Barcelona. Das sei bereits bei Browsern der Fall gewesen und Firefox habe das geändert. Bei Smartphones setzt Mozilla auf die Webtechnologie HTML5, in der auch normale Webseiten geschrieben werden. Nitot öffnet den Browser auf seinem Firefox-Smartphone und startet eine Webseite, die den Funktionsumfang einer App hat. „Mozilla hat ermöglicht, dass eine Webseite macht, was zuvor nur eine App konnte. Dafür gibt es einen Standard, den jeder Browser unterstützen kann, wenn das der Wunsch des Anbieters ist“, sagt Nitot. Mit anderen Worten: Entwickler müssten nur noch eine einzige App schreiben und die kann dank moderner Browser in jedem Smartphone-System genutzt werden. Außerdem ist der Bezug von Apps dann nicht mehr an App-Stores gebunden, die wie im Fall von Apple meist stark kontrolliert und reglementiert werden.


Samsungs zweiter Versuch. Samsung werden von Analysten die besten Chancen eingeräumt, sich mit einem alternativen System durchzusetzen, da der koreanische Konzern der größte Smartphone-Hersteller ist. Gegen das neue System Tizen spricht aber, dass Samsung bereits mit der selbst entwickelten Plattform Bada keinen Erfolg gehabt hat. Bada soll nun teilweise in das neue System einfließen, das auch andere Hersteller verwenden – zum Beispiel Huawei. Tizen ist noch nicht ganz fertig und bietet an manchen Stellen Ungewohntes: Bilder werden zum Beispiel nicht mit der typischen Fingergeste vergrößert und verkleinert, sondern über einen Schieberegler.

Sowohl Firefox OS als auch Tizen basieren auf Linux und ähneln optisch Android, wobei auf die Widgets des Homescreens verzichtet worden ist. Eine andere Nutzerführung bietet derzeit nur Ubuntu, die von PCs bekannte Linux-Distribution, die nun auch auf Smartphones und Tablets setzt. Auf dem Startbildschirm werden nicht nur Apps gezeigt, sondern auch häufig aufgerufene Musik, Filme oder Kontakte. Von links lässt sich eine Liste aller Apps einblenden, über die schnell zwischen Programmen gewechselt werden kann. Als größten Vorteil sieht der Entwickler Canonical aber, dass Ubuntu ohne Unterschiede auf Computern, Smartphones und Tablets läuft.

Keines der neuen Systeme wird Google oder Apple sofort das Smartphone-Krönchen stehlen. Und um Platz drei kämpfen derzeit Blackberry und Microsoft. Aber vielleicht ist der im Eiltempo wachsende Markt groß genug für viele verschiedene Lösungen. Dass es gerade in der Mobilfunkbranche rasch nach oben und noch schneller bergab gehen kann, haben schon viele Firmen miterlebt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2013)

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