Alibabas Traum vom Smartphone

File photo of people riding a double bicycle past a logo of The Alibaba Group at the company´s headquarters on the outskirts of Hangzhou
File photo of people riding a double bicycle past a logo of The Alibaba Group at the company´s headquarters on the outskirts of Hangzhou(c) REUTERS (ALY SONG)
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Der chinesische Onlinehändler kauft sich mit einer Beteiligung am Handyproduzenten Meizu ins Smartphonegeschäft ein. Amazons Fire Phone kann nicht als Vorbild gelten.

Hangzhou. China ist der größte Markt der Welt für Smartphones. Schon 2012 hat das Reich der Mitte die USA vom Stockerl gestoßen. Und dieser Markt ist keineswegs von westlichen Marken dominiert.

Die fünf chinesischen Handyhersteller Huawei, Lenovo, Mi und Coolpad sowie ZTEE besetzen einem von der Statistikbehörde IDC veröffentlichten Bericht zufolge aktuell die Hälfte der Plätze unter den zehn führenden Smartphoneherstellern der Welt.

Vom Siegeszug des Smartphones wollen auch Unternehmen profitieren, die nicht im Handygeschäft zu Hause sind. Der chinesische Onlinehändler Alibaba ist einer davon. Nach dem größten Börsengang der Geschichte hat der Konzern, der in China 80 Prozent des Onlinemarkts abdeckt und mehr umsetzt als Ebay und Amazon zusammen, genug Kapital eingesammelt, um seine Geschäftsfelder auszuweiten.

Eigenes Betriebssystem

So ist der asiatische Onlinegigant, wie am Montag bekannt wurde, für 590 Mio. Dollar (515 Mio. Euro) bei dem chinesischen Smartphonehersteller Meizu (sprich: Meischu) eingestiegen. Der im Ausland weitgehend unbekannte Produzent hat in China nur einen Marktanteil von knapp zwei Prozent, wächst aber ganz kräftig. Im vergangenen Monat hat Meizu 1,5 Millionen Geräte verkauft. Im Dezember waren es noch eine Million gewesen.

Alibaba nascht mit dieser Investition an einem boomenden Markt mit, hat aber noch ein anderes strategisches Interesse: sein eigenes Betriebssystem für mobile Geräte, YunOS, zu pushen, das Meizu im Gegenzug für die Beteiligung von Alibaba künftig für seine Smartphones übernehmen wird. Damit will Alibaba seine eigene Handelsplattform auf mobilen Geräten prominent positionieren.

Amazon hat genau dies versucht und ist damit grandios gescheitert. Im Juni letzten Jahres hatte der US-Onlinehändler sein Fire Phone auf den Markt gebracht, binnen kurzer Zeit war aber klar, dass die Sache ein Flop ungekannten Ausmaßes werden würde. Amazon blieb auf seinen Geräten sitzen.

Das Fire Phone ist in den USA mittlerweile zum Schleuderpreis erhältlich, aufgrund der Überschätzung des Marktpotenzials musste Amazon im dritten Quartal des vergangenen Geschäftsjahres eine Abschreibung von 170 Mio. Dollar vornehmen. Den Konsumenten war die Absicht, die Amazon mit seinem Smartphone verfolgte, wohl etwas zu durchsichtig. Das Fire Phone ist als Marketinginstrument konzipiert, das vor allem eines will: zum Konsumieren auf der Amazon-Website anregen. Mit einer gehörigen Portion Zwangsbeglückung: So ist beispielsweise eine Mitgliedschaft bei Amazons Premiumangebot Prime vonnöten, um alle angebotenen Features nutzen zu können.

Hämische Testberichte

Die laut Amazon „revolutionärste“ Spezialanwendung, der Firefly-Button, soll reale Objekte und Musik scannen und dann zum jeweiligen Produkt auf Amazon weiterleiten – mit nur wenigen Klicks. Testberichte sind voll von Häme über dieses Feature – von versehentlichen Klopapierbestellungen für 36Dollar bis hin zu mehrheitlich falsch oder gar nicht identizifizierten Objekten reichen die Erfahrungen der Tester. Ob Alibaba sein Ziel subtiler verfolgen wird, ist noch nicht klar.

Die Alibaba-Aktie war in den letzten Wochen wegen eines Disputs mit der Regierung in Peking über gefälschte Produkte um 15Prozent gesackt. Den Einstieg in das Smartphone-Business quittierte die Börse mit einem Achselzucken. Die Aktie reagierte kaum.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2015)

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