Apple überlebt ohne Android nicht

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epaselect USA APPLE EVENT(c) APA/EPA/MONICA DAVEY (MONICA DAVEY)
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Das kalifornische Unternehmen ist längst kein technologischer Vorreiter mehr. Dennoch werden Apple-Produkte zum Kassenschlager. Der wichtigste Grund heißt Android.

Apple brach vergangenen Mittwoch mit seiner eigenen Tradition – in zweierlei Hinsicht. Denn statt an einem Dienstag seine Neuvorstellungen den über 7000 Anwesenden zu präsentieren, wählte man den 9. September. Logisch, wollte man ja auch iOS 9 präsentieren. Und den iPads wurde das eigene Event gestrichen, um alles in einem Atemzug vorzustellen und vorzuführen.

Typisch aber war die Art der Präsentation, die in einem Live-Auftritt von One Republic endete und gespickt war mit Adjektiven und Superlativen. Was aber bleibt am Ende des Tages davon übrig?

Apple haftet seit jeher der Ruf an, die Mobilbranche zu revolutionieren und neue Maßstäbe zu setzen. Das stimmt nur bedingt. Ja, Apple hat es bisher immer geschafft, mit neuen Produkten den Markt zu dominieren und neue Maßstäbe zu setzen. Die Technologien gab es aber meist schon vorher. Doch wenn es Apple in die Hand nimmt, wird es meistens ein Erfolg. Und davon profitiert auch der Rest der Branche, vornehmlich die Konkurrenz.

Altes Ehepaar. Die Mobilfunkbranche lässt sich grob in zwei Lager aufteilen: die Android-Welt und Apple. Sie können nicht miteinander, aber ohne einander geht es erst recht nicht. Die von Apple am Mittwoch vorgestellten Geräte enthalten Software und Technologien, die es schon längst in Android-Geräten gibt und teilweise auch längst zum Standard zählen.

Zum Beispiel Stifte für Touch-Displays. Aber hier hat man sich vorrangig auf den Endkunden konzentriert und nicht das große Ganze im Auge gehabt: die vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten und, dass Nutzer nicht zwangsweise nur Notizen auf ihren Geräten machen wollen, um die Eingabe auf Touch-Displays aufgrund der fehlenden physischen Tasten zu erleichtern. Grafiker verfallen in Jubel über den vorgestellten Apple-Pencil, während Apple-Skeptiker starke Unruhen aufgrund von heftigen Rotationen rund um das Grab von Steve Jobs vermuten. Denn der verstorbene Unternehmensgründer war nicht nur ein Feind der übergroßen Smartphones, auch Phablets genannt, sondern auch eines Eingabestifts.

Doch endlich bekommen Grafiker, die mehrheitlich auf Apple-Produkten arbeiten, einen Eingabestift, der präzises Arbeiten ermöglicht – zumindest verspricht das die Vorführung Apples. Alternativen zur Bildbearbeitung gibt es schon seit geraumer Zeit, aber die Position konnte nie exakt bestimmt werden, und die Verzögerung zwischen den meist via Bluetooth verbundenen Geräten offenbarte sich in der ungenauen Strichführung. Das soll sich jetzt ändern. Apple nimmt und verbessert etwas, was es am Markt schon gibt und nachgefragt wird.

Wenig Innovation. Das Schlüsselwort ist Verbesserung. Denn Innovation ist hier keine zu finden. Die neuen Geräte, nicht nur der 100-Dollar-Stift, werden die Konkurrenz zur Nachbesserung antreiben. Und daraufhin wird Apple wieder etwas Besseres auf den Markt bringen. Es ist ein ewiger Kreislauf, der einen dynamischen, herausfordernden Markt ausmacht. Aber an bahnbrechenden und innovativen Eigenleistungen fehlt es Apple seit jeher. Der technologische Vorreiter ist das von Steve Wozniak und Steve Jobs gegründete Unternehmen schon lange nicht mehr. Trendsetter passt eher. Erst wenn Apple etwas in sein Produktportfolio aufgenommen hat, kann man davon ausgehen, dass es massentauglich ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2015)

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