Das iPhone ist nicht genug

Apple logos are seen on boxes in a shop in Munich
Apple logos are seen on boxes in a shop in Munich(c) REUTERS (MICHAELA REHLE)
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Apple stößt an die Grenzen des Wachstums. Der wertvollste Konzern muss eine Frage beantworten: Was kommt nach dem iPhone?

Wien. 17 Milliarden Euro. Um diese Summe zu lukrieren, hat Italien eben erst antike Statuen verhüllen lassen, damit die umworbenen Geschäftsfreunde aus dem Iran nicht verstört werden. Die Republik Österreich wäre mit diesem Betrag ihre Pensionssorgen für fast ein Jahr los. Der Tech-Konzern Apple verdiente die 17 Milliarden zuletzt in 90 Tagen. Kein anderes US-Unternehmen hat je mehr Gewinn in einem Quartal gemacht. Und dennoch erntet die wertvollste Firma der Welt dafür keinen Applaus, sondern Kritik und fallende Kurse.

Der Grund dafür: Apples Gewinn fußt zu mehr als zwei Dritteln auf einem einzigen Produkt, dem iPhone. Dort aber scheinen langsam die Grenzen des Wachstums erreicht. Trotz Weihnachtsgeschäfts stagnierten die Verkäufe bei knapp 77 Millionen iPhones. Für das laufende Quartal prophezeit das Unternehmen sogar den ersten Verkaufsrückgang, seit Apple-Gründer Steve Jobs im Jänner 2007 das erste iPhone in die Kameras hielt.

Der heutige Apple-Chef, Tim Cook, erklärt das mit den „extremen Bedingungen“ in der Weltwirtschaft – und sagt damit nur die halbe Wahrheit. Fakt ist nämlich auch, dass die letzte wirklich große Innovation von Apple nun eben beinahe zehn Jahre her ist – eine kleine Ewigkeit in der Tech-Welt. Apple hat seine Alleinstellung auf dem Markt längst verloren. Hersteller aus Asien verkaufen vergleichbare Geräte zu niedrigeren Preisen. In China, dem größten Smartphonemarkt der Welt, halten lokale Anbieter den US-Konzern auf Distanz.

Google setzt zum Überholen an

Die große Abhängigkeit von seinem Paradeprodukt macht Investoren unsicher, wie Apple nach dem iPhone-Boom Geld verdienen will. Andere Apple-Geräte wie Tablets, Laptops oder Computer verkaufen sich schleppend. Die Erlöse von Apple Watch oder Apple TV sind so gering, dass der Konzern sie nicht einmal eigens ausweist. Versprechen für die Zukunft wie das Apple Car lassen auf sich warten.

Vor allem im Vergleich mit anderen US-Tech-Giganten fällt auf, wie sehr Apple bei den erwarteten Boom-Branchen von morgen hinterherhinkt. Zwar redet auch Tim Cook jetzt immer wieder von Virtual Reality und Künstlicher Intelligenz. Unternehmen wie Alphabet, Googles Mutterkonzern oder Facebook sind da jedoch weiter. Sie alle sehen ihr Grundgeschäft mittlerweile vor allem als notwendiges Basislager für Expeditionen in die Zukunft. Sie widmen sich der Vernetzung der ärmsten Gebiete der Welt ebenso wie dem Schaffen virtueller Realitäten oder der Heilung bisher unheilbarer Krankheiten. Nicht alle Projekte werden Erfolg haben, aber jedes, das gelingt, eröffnet den Konzernen große Möglichkeiten.

All das hinterlässt Spuren an der Börse. Seit dem Allzeithoch vor knapp einem Jahr büßte Apple ein Viertel seines Werts ein. Google ist knapp davor, Apple als wertvollstes Unternehmen zu überholen. Von einem Niedergang ist Apple mit seinen 200 Mrd. Euro Reserven weit entfernt. Aber der Konzern weiß, dass er mit iPhones allein seine Stellung nicht halten wird.

Man sei nicht nur der iPhone-Macher, erzählt das Unternehmen daher jedem, der es hören will. Mit Software und Services wolle man in der Apple-Welt das große Geld verdienen. Derzeit steuern die Einnahmen aus dem Verkauf von Software im App Store nur sieben Prozent des Umsatzes bei. Bei Angeboten wie dem Bezahldienst Apple Pay fehlt die Masse. Jedes iPhone bringt Apple 300 Dollar. Apple Pay schafft das nach 180.000 Transaktionen.

Apples Erfolg wird davon abhängen, wie es das iPhone ersetzen kann. Seit einem Jahrzehnt verdient das Unternehmen gut damit, einmal die Zukunft der Welt neu erfunden zu haben. Es ist Zeit für einen Relaunch. Nicht nur für das iPhone, sondern für Apple selbst.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2016)

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