Nokia-Chef: "Brennen oder in eisige Fluten springen"

(c) AP (Jussi Nukari)
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Stephen Elop schreibt den Mitarbeitern des finnischen Handyproduzenten, wie schlecht es um Nokia wirklich bestellt ist. Und stimmt sie auf dramatische Veränderungen ein.

Wien/Mar. Lange haben es Topmanager von Nokia abgestritten – doch dass es dem Handyhersteller seit geraumer Zeit nicht sehr gut geht, ist kein Geheimnis. Diesen Freitag will Konzernchef Stephen Elop in London seinen Plan vorstellen, wie er bei dem einst so stolzen Weltmarktführer die Wende schaffen will. Im Vorfeld hat Elop eine interne Mitteilung an die Mitarbeiter ausgeschickt, die nicht nur verdeutlicht, wie schlecht es wirklich um die finnische Industrie-Ikone steht, sondern wie ein Brandbrief klingt.

Es ist selten, dass der Chef eines Weltkonzerns eine so plakative Sprache wählt, um die Position seines Unternehmens darzustellen, als stünde Nokia unmittelbar vor dem Untergang. Elop erzählt die Geschichte eines Mannes, der auf einer brennenden Plattform entscheiden muss, ob er verbrennt oder in die eisigen Fluten des Ozeans weit unter ihm springt. „Auch wir stehen auf einer brennenden Plattform“, schreibt Elop. Diese Metapher wiederholt er drei Mal.

„Kämpfen mit falschen Waffen“

Der Einwand ist nicht von der Hand zu weisen, dies sei Jammern auf hohem Niveau. Noch immer führt Nokia den Weltmarkt an – mit großem Abstand. Nach den am Mittwoch veröffentlichten Zahlen des britischen Marktforschers Gartner betrug Nokias Marktanteil 2010 knapp 29 Prozent. An zweiter Stelle steht Samsung mit 17,6 Prozent, und Apple, der gemeinhin als Innovationsführer gilt, kommt gerade mal auf knappe drei Prozent. Auch bei den Betriebssystemen lag Nokias Symbian 2010 mit 37,6 Prozent vorn, Googles Android schaffte es auf 23 Prozent.

Doch der Wandel ist rasant: Im vierten Quartal wurden erstmals mehr Handys mit dem Betriebssystem Android verkauft als mit Symbian. „Nokias Marktanteil erodiert“, kommentiert Carolina Milanesi von Gartner. Elop nennt die Gründe dafür.

Erstens das Hochpreissegment der Smartphones. 2007 sei Apples iPhone gekommen, so Elop, „und wir haben immer noch kein Produkt, das an diese Erfahrung heranreicht“. Zwar liegt Nokia auch in diesem Segment weit vorn. Doch nach Zahlen des US-Marktforschers IDC sank der Anteil der Finnen im vierten Quartal 2010 binnen eines Jahres um zehn Prozentpunkte auf 28 Prozent. Zweitens Android. Das System sei im Hochpreissegment eingestiegen und greife nun das mittlere und untere an. Mit der Software Meego wollte Nokia den Gegenangriff starten – doch dessen Entwicklung wurde gestoppt, so Reuters unter Berufung auf Eingeweihte. Schließlich chinesische Zulieferer, die für ein Produkt weniger brauchen als Nokia „für eine Powerpoint-Presentation“.

„Wir kämpfen nicht einmal mit den richtigen Waffen“, so Elop. „Aus dem Kampf der Produkte ist ein Krieg der Systeme geworden.“ Elop schließt mit dem Hinweis, dass der Mann dank seinem Sprung von der Plattform überlebt hat. Auch wenn das in der Realität nicht allzu wahrscheinlich ist – die Aktie des Herstellers legte am Mittwoch um rund zwei Prozent zu.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2011)

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