Ausgrabung: Neue „Hobbits“ – oder Kinder?

(c) EPA (Kirk E. Smith/ho)
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Fund auf Palau ist umstritten, auch wegen seiner Vermarktung.

In einer Höhle auf Palau hat Lee Berger (Uni Witwersrand) Gebeine von 26 Individuen gefunden, die vor 1400 bis 3000 Jahren dort bestattet wurden. Sie waren extrem klein – die Frauen hatten geschätzte 30 Kilo, die Männer 47 –, ihre Schädel allerdings hatten normale Größe. Berger hält sie deshalb für H. sapiens, die auf einer Insel verzwergten – ähnlich wie die „Hobbits“ auf der 2000 Kilometer entfernten Insel Flores (PLoS ONE, 12.3.).

Allerdings sind die Knochen noch nicht aus dem Gestein präpariert, also der Forschung nicht zugänglich, das ist das eine Problem, Berger hat sehr früh publiziert. Das zweite liegt darin, dass auf Palau zur gleichen Zeit auch Menschen unserer Größe lebten, die nicht verzwergten, Scott Fitzpatrick (Raleigh) gräbt sie seit Jahren aus und übt heftige Kritik an Berger: „Auf der wissenschaftlichen Ebene ist das so gut wie nicht zu glauben.“ Aber, drittes Problem, es geht nicht nur um Wissenschaft: Berger hat teilweise Forschungsgeld von der „National Geographic Society“ erhalten, die hat Kameraleute zur Grabung mitgeschickt, der Werbefilm wurde vor der Publikation der Arbeit gezeigt.

Zudem tauchen palauanische Mitarbeiter in der Autorenliste nicht auf, und die lokalen Autoritäten wurden vor der Ausgrabung – immerhin eines Friedhofs – nach eigenem Bekunden nicht konsultiert (naturenews, 10.3.). „Das ist ein klassisches Beispiel dafür, was schiefgehen kann, wenn Forschung von Medien getrieben ist“, erklärt Tim White (Berkeley). „Er hat völlig recht“, urteilt Christoph Zollikofer (Zürich) gegenüber der „Presse“, „allerdings schließt die Vermarktung nicht aus, dass etwas an dem Fund dran ist: Diese Menschen sind nun einmal klein, und es sind – anders als auf Flores – viele. Man kann nur hoffen, dass es sich nicht um einen Kinderfriedhof handelt.“ Exakt diesen Verdacht hegt Fitzpatrick. jl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2008)

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